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21.07.2014 Worauf Start-ups bei Standortwahl und Mietverträgen achten sollten

Sebastian Blecke, Geschäftsführer der Gewerbesiedlungs-Gesellschaft (GSG Berlin), berät zahlreiche Start-ups bei der Standortsuche. Seine Erfahrung ist: „Viele junge Unternehmen stellen ihre Wahl bereits nach einem halben Jahr in Frage oder bereuen sie sogar.“

Der Gewerbeimmobilienexperte rät Start-ups, die Standort-Entscheidung nicht aus dem Bauch heraus zu treffen oder nach der Wohnungslage des Geschäftsführers auszurichten, sondern auf Basis einer detaillierten Analyse zu treffen, denn eine vorzeitige Entlassung aus dem Vertrag ist meist nicht möglich oder muss am Ende teuer bezahlt werden. Er empfiehlt deshalb, bei der Standortsuche vor Vertragsabschluss auf folgende Kriterien zu achten:

Auswahlkriterium Nummer 1 - Lage je nach Geschäftszweck und Geschäftsentwicklung

Während für Einzelhändler und viele beratende Dienstleister die Nähe zum Kunden wichtig ist und damit oft nur zentrale Lagen in Frage kommen, die ihren Preis haben, benötigen produzierende und liefernde Unternehmen in der Regel eher große Flächen und sollten deshalb lieber preisgünstigere Lagen am Rande der Stadt wählen, die im Bestfall noch erweiterbar sind.

Das gleiche gilt für aufstrebende Start-ups: Wird eine rasante Geschäftsentwicklung erwartet, sollten die Gründer bereits im Vorfeld mit dem Vermieter abstimmen, inwiefern am gleichen Standort Flächenreserven zur Verfügung stehen. Sebastian Blecke erläutert: „Während im Berliner Innenstadtbereich Erweiterungsmöglichkeiten selten sind, können wir in unseren econoparks am Rande der Stadt in der Regel Erweiterungsflächen reservieren und damit Flexiblität bieten. Zudem sind Vermieter generell in B-Lagen eher bereit, Unternehmen bei möglichen Ausbaukosten mit mietfreien Zeiten oder anderen Vergünstigungen entgegenzukommen.“ Günstige B-Lagen sind beispielsweise Pankow, Lichtenberg, Marzahn-Hellersdorf oder Reinickendorf.

Weitere Einflussfaktoren sollten eine eventuell benötigte Nähe zu Geschäfts- bzw. Kooperationspartnern sowie eine möglicherweise existentielle Distanz zu Wettbewerbern sein. Darüber hinaus ist zu überlegen, ob geschäftsbedingt eine gute Anbindung an den Flughafen oder Bahnhof nötig ist.

Auswahlkriterium Nummer 2 – geschäfts-, kunden- und mitarbeiterfreundliches Umfeld

Wichtig ist auch darauf zu achten, in welchem Umfeld man sich ansiedelt. Welche Unternehmen sind in dem Gebäudekomplex bereits ansässig? Ergeben sich hieraus mögliche Belästigungen, z. B. durch Geruch oder Lärm, oder im Gegenteil - vielleicht sogar Kooperationsmöglichkeiten? Ist der Standort für die Mitarbeiter gut zu erreichen? Könnte hier weiteres qualifiziertes Personal angeworben werden? Stehen ausreichend Parkmöglichkeiten für Mitarbeiter und Kunden zur Verfügung? Und ist der Standort auch mit den öffentlichen Verkehrsmitteln gut zu erreichen?

Auswahlkriterium Nummer 3 - Flächenqualität je nach Funktion und Effizienz

Über die Lage hinaus muss bedacht werden, wie repräsentativ der Standort respektive das Gebäude sein muss. Denn auch ein zentraler Empfang oder großzügige Entrées müssen von den Mietern anteilig bezahlt werden und wirken sich auf die Liquidität des Unternehmens aus.

Desweiteren sollten die Geschäftsräume auf Ihre Effizienz überprüft werden: Sind die Grundrisse für die unternehmenstypischen Geschäftsabläufe geeignet? Sind oftmals zurückgelegte Wege kurz? Gibt es genug Rückzugsmöglichkeiten für Einzelgespräche oder Konferenzen? Haben alle benötigten technischen Geräte Platz? Gibt es Deckentraglastbegrenzungen? Verfügt die Immobilie über Lasten- und/oder Personenaufzüge?

Nicht zuletzt spielen bei Büroflächen auch die Belichtung und natürliche Belüftung eine große Rolle, damit sich Mitarbeiter und Kunden wohlfühlen.

Auswahlkriterium Nummer 4 – technische Infrastruktur

Für viele Start-ups ist darüber hinaus die Qualität der Internetanbindung ein wesentliches Entscheidungskriterium. „Hohe Bandbreiten, Zuverlässigkeit und Ausfallsicherheit des Internets werden immer bedeutender“, erklärt Sebastian Blecke. So setzen Unternehmen der verschiedensten Branchen auf cloudbasierte Dienste wie Google Docs, Strato Hidrive oder Amazon Webspaces sowie auf VoIP- Telefonie. „Entsprechend werden kompetente und unabhängige Beratung sowie schnelle Reaktions- und Entstörzeiten erwartet“, so Blecke. Die GSG Berlin investiert daher standortübergreifend bereits seit 2008 in ein eigenes Glasfasernetz und bietet über eine Tochtergesellschaft die entsprechenden Datenleitungen sowie umfangreiche netzbasierte Serviceleistungen an.

Auswahlkriterium Nummer 5 – gesetzliche Vorgaben und Betriebsabläufe
Zudem gibt es eine Vielzahl von gesetzlichen Regelungen, wie die Arbeitsstättenverordnung, Gewerbeordnung, Emissionsschutzgrenzwerte, Baunutzungsverordnung u.v.m., die vor Vertragsunterzeichnung beachtet werden müssen: Kann das Start-up mit der gewünschten Geschäftstätigkeit auf dieser Gewerbefläche sämtliche gesetzliche Vorgaben erfüllen? Auskünfte hierzu erteilen u.a. die zuständige Berufsgenossenschaft, das Gewerbeaufsichtsamt oder auch das Bauamt.

Worauf Start-ups beim Gewerbemietvertrag achten sollten

Ist die Standortentscheidung gefallen, ist die nächste Herausforderung der Abschluss des Gewerbemietvertrages. Denn anders als im Wohnmietrecht ist beim Gewerbemietvertrag zwischen den Vertragsparteien alles frei verhandelbar.
Deshalb sollte das Augenmerk hier auf die Details gerichtet werden: Wer sind die Vertragspartner? Wie ist die Miete im Preisvergleich, gibt es mietfreie Zeiten? Ist die Mietfläche in gif oder DIN 277 ausgewiesen und wie ist das Verhältnis zwischen Hauptnutzflächen (HNF), Nebennutzflächen (NNF) und Verkehrsfläche (VF)? Müssen die Betriebskosten pauschal oder vorausbezahlt werden? Gilt die Betriebskostenverordnung und sind weitere Umlagen möglich? ist eine Staffelmiete, eine Wertsicherungsklausel oder eine Umsatzmiete ausgewiesen? Wie lange ist die Vertragsdauer und passt diese zum Unternehmenskonzept? Wie sind die Kündigungsfristen? Welche Mietsicherheit ist zu erbringen – Bargeld, ein Sparkonto mit Sperrvermerk oder eine Bürgschaft? Können die Schönheitsreparaturen den Erfordernissen des Geschäftsbetriebs angepasst werden? Enthält der Vertrag eine Kleinreparaturklausel? Welche Rückbauverpflichtungen gibt es? Darf untervermietet werden?

Sebastian Blecke: „Klären sie im Vorfeld, wer der konkrete Vertragspartner ist und ob dieser die Befugnis hat, zu unterschreiben. Lassen Sie sich nicht auf mündliche Absprachen ein, sondern regeln Sie alles schriftlich, lesen Sie sich den Vertrag vor Unterschrift noch einmal sorgfältig durch, so vermeiden sie böse Überraschungen und können auf eine vertrauensvolle Zusammenarbeit mit ihrem Vermieter bauen. “



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