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09.07.2014 Ingolstadts Kennzahlen und Center sind top, die Fußgängerzone floppt

Die an der Donau im Freistaat Bayern liegende kreisfreie Stadt ist mit knapp 128.000 Einwohnern Oberzentrum für die umliegenden Landkreise und Gemeinden. In der Region um Ingolstadt leben etwa 448.000 Menschen. Ingolstadt gilt als traditioneller Industriestandort, wobei die Automobilindustrie gefolgt von der Energiewirtschaft die mit Abstand wichtigsten Branchen sind. Audi hat hier seinen größten Produktionsstandort und demzufolge haben sich auch rund 100 Zulieferfirmen in der Region niedergelassen.

Die jüngste Großstadt Bayerns erlebt seit Mitte der 80er Jahre einen kontinuierlichen Bevölkerungsanstieg. Im Vergleich zu anderen bayerischen Großstädten leben hier überproportional viele junge Menschen, was nicht nur an der hiesigen Universität liegt. Ingolstadt besticht darüber hinaus durch ein großes Gewerbeflächenangebot sowie einen beeindruckenden historischen Stadtkern. Die Stadt hat eine hervorragende Verkehrsinfrastruktur und profitiert von der relativen Nähe zu München. Bis 2030 soll die Einwohnerzahl um 8,6% steigen.

BEDEUTUNG DER STADT ALS EINZELHANDELSSTANDORT

Die Kaufkraft und insbesondere die Zentralität liegen im Vergleich weit über dem Durchschnitt von Städten mit vergleichbarer Einwohnerzahl. In der Ingolstädter City wird auf einer Verkaufsfläche von rund 56.000 m² ein Einzelhandelsumsatz von insgesamt etwa 207 Millionen Euro getätigt. Dies entspricht Anteilen der Innenstadt an den gesamtstädtischen Werten von rund 15 % (Verkaufsfläche) bzw. gut 20 % (Umsatz), die bezogen auf die Durchschnittswerte von deutschen Städten in der Größenklasse der Stadt merklich unter diesen Referenzwerten ausfallen. Durch die junge Bevölkerungsstruktur ist die Modezentralität wiederum sehr positiv, was insbesondere den textil- bzw. modeorientierten Einzelhandel begeistert, berichtet COMFORT-Geschäftsführer Thorsten Sondermann.

CHARAKTERISIERUNG DER 1A-LAGEN

Ludwigstraße
• Einzig echte 1A-Lage in Ingolstadt: klassische Filialisten-Lage
• A-Lage um Bereich zwischen Paradeplatz und Hallstraße, der keine echte A-Lage mehr darstellt, verkürzt
• Hohe Passantenfrequenz
• Stärkster Bereich zwischen City Arcaden und Moritzstraße
• Aktueller Mietpreis liegt bei 75,- EUR/m² für kleine Shop-Flächen zwischen 80 und 120 Quadratmeter Verkaufsfläche
• Kaum Mieterwechsel, letzte Neuzugänge sind Hunkemöller und Bestseller seit Ende 2012 sowie Fashion Outlet seit 2014

Moritzstraße / Theresienstraße
• Charmante Lagen mit Niveau und Qualität
• Trotzdem nur für ausgewählte Filialisten geeignet
• Neue Mieter: Jumex, dennoch auch hier Leerstand in A-Lage

Bayerns erste Fußgängerzone, die Ludwigstraße, ist die einzige echte Toplage der Stadt mit dem stärksten Abschnitt zwischen City Arcaden und Moritzstraße. Sowohl die klassische 1A-Lage als auch die direkt an die Haupteinkaufsmeile angebundene City Arcaden kämpfen mit den umliegenden Einkaufszentren um die Gunst der Käufer. Dazu kommt die verkehrsberuhigte Innenstadt bietet grundsätzlich wenig Parkmöglichkeiten rund um die weitgehend erhaltene Altstadt. Postiv: Rund 56.000 qm Verkaufsfläche und über 300 Shops bieten ein vielfältiges innerstädtisches Warensortiment. Für die Verweildauer und Aufenthaltsqualität in der historischen Altstadt mit Bauwerken aus allen Epochen der Stadtgeschichte sorgen Sehenswürdigkeiten, eine abwechslungsreiche Gastronomie sowie Events. Darüber hinaus sind die Eckdaten, wie Arbeitslosenquote, Kaufkraft und Zentralität vorbildlich.

„All dies kann jedoch nicht darüber hinweg täuschen, dass die Innenstadt schon seit Jahren eklatante Probleme mit den Einkaufsmöglichkeiten in der Peripherie hat. Die Stadt hat es versäumt, rechtzeitig gegenzusteuern“, stellt COMFORT-Geschäftsführer Thorsten Sondermann eindeutig fest. So wundert es nicht, dass die Fußgängerzone Leerstände verzeichnet und sich Filialisten aus dem „Ramschsortiment“ auch in den Toplagen ansiedeln. Das Mietniveau ist seit Jahren rückläufig, ebenso die Nachfrage von nationalen bzw. internationalen Filialisten, berichtet der Einzelhandels- und Immobilienexperte. Dass der Einzelhandel insgesamt zufrieden ist, liegt mit hoher Wahrscheinlichkeit an dem gut aufgestellten Einkaufszentrum WestPark sowie dem Factory Outlet Center Ingolstadt Village. Das gut drei Kilometer von der Innenstadt entfernte WestPark Center bietet über 3.000 kostenlose Parkmöglichkeiten sowie ein Top-Sortiment. Gastronomie und ein Kino mit 10 Sälen sorgen für zusätzliche Aufenthaltsqualität und entsprechende Verweildauer. Somit hat sich der WestPark zu einem klassischen Shopping Center entwickelt, das die Filialisten mittlerweile stärker anzieht als die klassische 1A-Lage. So hat z. B. der Beauty-Spezialist Douglas bereits vor Jahren seine Filiale auf der Ludwigstraße geschlossen und ist seitdem nur noch im WestPark zu finden, ZARA und ZARA Home haben sich von Anfang an ausschließlich für das Center entschieden.

Damit noch nicht genug: Das 2005 eröffnete und zwischenzeitlich erweiterte Desinger Outlet Ingolstadt Village bietet neben ebenfalls kostenlosen 2.000 Parkmöglichkeiten das markentypische, vielfältige FOC-Warensortiment mit Marken von Aigner bis Zwilling. Ein kostengünstiger Bus-Shuttle lockt sogar Kunden aus München und Nürnberg an.

Die Innenstadt hat dem wenig entgegen zusetzen und die Stadtplaner täten gut daran, den innerstädtischen Einzelhandel zu unterstützen und attraktiver zu gestalten. Ein Impuls für den innerstädtischen Handel wäre, die seit Jahren leer stehenden bzw. interimsweise genutzten Liegenschaften des ehemaligen C& A sowie das LUKAS-Kaufhaus, zu revitalisieren und so attraktive Magnetmieter zu gewinnen. Ansonsten werden sich Leerstände zukünftig häufen. Die Herz-Apotheke und der O2-Shop schlossen im Frühjahr sowie der Weltbild/Jokers-Shop und die Strauss Innovation Filiale vor Kurzem. Allerdings gibt es auch weiterhin Konzepte, die Filialen in Ingolstadt in der City planen, die Vermieter müssen eben stärker auf die entsprechenden, individuellen Anforderungen eingehen. Ein entsprechend abgestimmtes und umpfangreiches Konzept zur attraktiveren Gestaltung der Innenstadt ist aus Sicht der COMFORT unumgänglich, um den negativen Entwicklungen entgegen zu wirken. So plant IKEA ebenfalls ein Haus im Umland, was den innerstädtischen Einzelhandel zusätzlich erschweren würde.

Die Performance von Ingolstadt hat im aktuellen COMFORT City Ranking entsprechendes Entwicklungspotenzial und Aufholbedarf.

INVESTMENT

Obwohl Ingolstadt sicherlich auf dem Papier eine der interessantesten Großstädte Bayerns ist, ist aus Investmentsicht die Nachfrage in den letzten Jahren gesunken. Dies hängt mit der dargestellten, mangelnden bzw. nachgelassenen Attraktivität der Innenstadt zusammen. Die größten Einzelhandelsumsätze werden mittlerweile im Ingolstadt Village und im WestPark erzielt. Die Innenstadt hat schwer zu kämpfen und somit hat auch das Interesse der Investoren nachgelassen. Dennoch gibt es vereinzelt Deals. So kaufte z.B. die Sparkassen Versicherung das Theresiencenter in der Altstadt (Edeka).

In der sehr kompakten Innenstadt und Einzelhandelslage befindet sich die Mehrzahl der Immobilien nach wie vor im Eigentum von Privatleuten, deren Verkaufsbereitschaft aktuell als sehr gering einzustufen ist. Das Kaufinteresse konzentriert sich auf die Ludwigstraße, wo im Verkaufsfall immer noch Faktoren oberhalb der 18-fachen Jahresnettomiete zu erzielen sind. In der Moritz- bzw. Theresienstraße liegen die Faktoren darunter, zwischen 16-fach und 17-fach, abhänging von der jeweiligen konkreten Lagequalität, berichtet Sondermann.

FAZIT UND PERSPEKTIVE

Es gibt keine Alternative. Die Innenstadt muss aus ihrem Dornröschenschlaf aufwachen und attraktiver werden. Aktuell hat sie der geballten Konkurrenz aus Westpark und Factory Outlet Center und zukünftig ggf. IKEA wenig entgegen zu setzen. Hier sind dringend wichtige Impulse sowohl von den Filialisten, als auch vor allem von Eigentümern und den Stadtplanern gefordert. Eine Stadt mit solch herausragenden Kennzahlen verdient eine adäquate Innenstadt. Man hat schon viel zu lange gewartet. „Denn die beiden oben genannten Center, jedes für sich anders ausgerichtet, werden auch nicht nachlassen, ihre Attraktivität weiter zu steigern“, resümiert der Einzelhandels- und Immobilienexperte Thorsten Sondermann.


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