Top-Themen (05/2008, DEAL-Magazin)

Die Subprime-Krise: Klaus Kortebein, CEO Valad Germany

DIE SUBPRIME-KRISE ...
... und warum es vielleicht auch England, doch bestimmt nicht Deutschland treffen kann.

Befürchtungen, Amerikas Probleme auf den Immobilienmärkten könnten in Europa eine Fortsetzung finden, mögen für Großbritannien begründet sein, für den hiesigen Sektor aber ganz sicher nicht.

In den USA ist es ein geläufiger Begriff: „jingle mail“. Gemeint sind die Briefe, mit denen insolvente Hausbesitzer ihrer Bank einfach die Schlüssel schicken und damit ihren Traum vom Eigenheim begraben. Die „bimmelnde Post“ erhielten amerikanische Banken im vergangenen Jahr so oft wie lange nicht. Und auch in diesem Jahr müssen viele US-Haushalte sich von ihrem Immobilienbesitz verabschieden und die Schlüssel an ihre Gläubiger senden.

Für die Banken ist dieses Prozedere genauso unangenehm wie für die zahlungsunfähigen Eigentümer. Nach den heftigen Preisverwerfungen der vergangenen zwei Jahre auf den Immobilienmärkten sind die Sicherheiten, die sie nach der Insolvenz in den Händen halten, längst nicht mehr das wert, was sie einst versprachen.

Als Subprime- oder US-Immobilienkrise ist dieses Phänomen nun schon seit rund einem dreiviertel Jahr in aller Munde. Zu einer globalen Finanzkrise hat sich das amerikanische Immobilien-Debakel nach Ansicht vieler Experten bereits ausgewachsen – wenngleich niemand einzuschätzen vermag, als wie folgenschwer sich die geplatzten Immobilienkredite tatsächlich einmal erweisen werden. Die Diskussionen der Finanz- und Immowelt bestimmen die Subprimes wohl auch weiterhin. Und immer wieder fällt der Blick auf mögliche neue Brandherde. So geriet Ende des vergangenen Jahres Großbritannien ins Visier der Krisen-Chronisten. Anhaltend fallende Hauspreise ließen und lassen ein Szenario befürchten, das an die Zustände in den USA anknüpft. Hat die Seuche, die den US-Immobilienmarkt befallen hat, damit den Sprung über den Atlantik geschafft?

Tatsächlich weist eine Reihe von Indikatoren auf eine Anfälligkeit des britischen Immobiliensektors hin, der mit der amerikanischen vergleichbar ist. Mehr als 70 % der Briten sind Immobilieneigentümer – in den USA sind es 69 %. Der Verschuldungsgrad der britischen Einwohner ist folglich hoch. Steigende Zinsen und Energiepreise könnten so manch eine Kalkulation ins Wanken bringen, befürchten Ökonomen. Und wenn die Preise dann auch noch weiter fallen und die Eigenkapitalbasis anfressen, könnte auch Britanniens Eigenheimmarkt ernsthaft erkranken. Ob es so weit kommt, bleibt abzuwarten.

So einfach könnte Deutschland einem Überspringen des Funkens nicht begegnen. Während die britischen Notenbanker noch Herr über das britische Pfund und die US-Geldhüter über den Dollar sind, ist die D-Mark Historie, und der Euro gehorcht bekanntermaßen nicht allein deutschen Interessen.
Schlimm ist das in diesem Fall allerdings nicht. Denn Deutschlands Immobilienmarkt darf getrost als resistent gegen das angelsächsische Immobilienvirus bezeichnet werden. Zunächst sei dabei auf die Eigentumsquote hingewiesen, die mit 43 % im internationalen Vergleich am unteren Ende rangiert. Wenn die Mehrzahl der Einwohner zu den Mietern gehört, ist damit auch der Verschuldungsgrad gering. Hinzu kommt der hohe Eigenkapitalanteil, mit dem der Immobilienerwerb in Deutschland finanziert wird. Nach Angaben des vdp Verband deutscher Pfandbriefbanken liegt er bei 30 %. In den USA sind 100-Prozent-Finanzierungen hingegen keine Seltenheit.

Ein weiterer wesentlicher Unterschied zwischen Deutschland und den USA liegt in den Modalitäten der Kreditvergabe. Sowohl Banken als auch Kunden setzen auf Sicherheit bei der privaten Baufinanzierung; das heißt auf lange Laufzeiten und Zinsbindungsfristen. Auch dies ist mit Zahlen des vdp zu belegen: 85 % der neu ausgegebenen Darlehen sind Festzinskredite, und 75 % der ausgereichten Darlehen schreiben die Zinsen für mindesten zehn Jahre fest. Auch wenn sich der Zinsmarkt also gen Hausse bewegt, tangiert es die abzahlenden Eigenheimbesitzer kurzfristig nicht.

Das ist in den USA anders. Insgesamt ist der Sektor weit weniger auf Nachhaltigkeit ausgerichtet als der deutsche. Amerikaner gelten als mobiler; mit fast 14 % ist die Umzugsquote relativ hoch, im Vergleich zu der hiesigen Bereitschaft zum Wohnortwechsel, die unter 10 % geschätzt wird. So wird in den USA ein Haus gekauft und oft schon nach drei Jahren wieder verkauft.

In Deutschland hat das Wohneigentum hingegen einen ganz anderen Stellenwert. Es dient vielen Familien jahrzehntelang als Heim und wird an die Kinder vererbt. Nicht selten entscheidet sich einer der Nachkommen, im elterlichen Nachlass die eigenen Kinder großzuziehen. Schon in der Bausubstanz zeigt sich das Traditionsbewusstsein. Gebaut wird eben nicht für die nächsten Jahre, sondern für die nächste Generation. Das hat zu einem Immobilienvermögen geführt, das weitaus werthaltiger – und damit auch wertvoller – ist als das amerikanische. Einem Preisverfall deutscher Immobilien, einem der wesentlichen Auslöser der US-Krise, beugt das vor.

Höhere Preise, höhere Transaktionskosten, geringere Mobilität und längerfristige Finanzierungen führen also dazu, dass der deutsche Immobilienmarkt sehr viel statischer, aber somit auch viel unanfälliger für Krisen ist als der amerikanische.

So ist kaum anzunehmen, dass US-Verhältnisse in irgendeiner Form auch in Deutschland zu spüren sein werden. Vielmehr ist mit einem Andauern der Probleme auf dem US-Immobilienmarkt zu rechnen. Immer wieder werden Kreditnehmer und -geber vor einem dicken Problem stehen, wenn Anschlussfinanzierungen abgeschlossen werden müssen. Als Resultat einer Neubewertung der Immobilie kommt zum Vorschein, dass der Kreditbedarf nach dem Preisverfall den Wert der Immobilie übersteigt. Vom negative equity, dem negativen Eigenkapital, ist dann die Rede.

Klaus Kortebein,
Chief Executive Officer Valad Germany GmbH


Valad Property Group ist eine australische Immobiliengruppe, die an der australischen Börse in Sydney (ASX) notiert ist. In Deutschland ist Valad mit über 30 Mitarbeitern an den Standorten Berlin, Frankfurt, Hamburg und München vertreten und betreut derzeit über 80 Immobilien im Wert von rund einer Milliarde Euro.
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