Rund um die Gewerbeimmobilie (04/2007, National)

Corporate Lighting Design

Der abendliche Außenauftritt

Licht fasziniert. Ein gut beleuchtetes Gebäude gehört ebenso zur Unternehmenskultur wie eine anspruchsvolle Architektur, ein einprägsames Firmenlogo oder eine professionelle, die Firmenidentität unterstützende, grafische Ausstattung.

Es geht um gute Gestaltung. Die Wirkung des Lichts auf den Menschen wurde lange unterschätzt, das Medium Licht über Jahrzehnte unter rein funktionalen Gesichtspunkten betrachtet. „Licht lockt Leute“ ist dagegen eine Erfahrung, die auch der Gemüsehändler an der Ecke gemacht hat. Er weiß, dass seine Ware gut beleuchtet nicht nur besser aussieht und er so bessere Umsätze macht, sondern dass sein Stand seine Wirkung bereits für den Blick aus der Ferne entfalten muss. Oftmals instinktiv entstehen so Selbstdarstellungen, die kaum zu verbessern sind. „Leuchtendes“ Obst und Gemüse erklären sich von selbst.

Nun sind Lichtkonzepte für Gebäude, insbesondere für Gewerbeimmobilien, bedeutend komplexer. Architektur für den Einzelhandel kann ihre abendlichen Botschaften durch Schaufenster und beleuchtete Werbeschriften vermitteln. Der Einkauf beginnt so bereits vor dem Gebäude, denn der Kunde erhält durch den abendlichen Auftritt mehr oder weniger eindeutige Signale über das, was hinter der Fassade angeboten wird. Licht im Einzelhandel fungiert auch als Informationsträger, es unterstützt Marken und Inhalte, es ist Werkzeug, um sich von anderen abzugrenzen. Licht kann magnetisch, einladend, prägend oder abstoßend und irritierend wirken, und es kann subtil Werte, Ziele und Qualitäten kommunizieren.

Als Lichtplaner wissen wir, dass Licht eines immer zeigt: Wirkung. Ob bewusst oder unbewusst. Licht trägt wesentlich zum Erfolg eines Einzelhandelsunternehmens bei, und dieser Erfolg beginnt außen, vor dem Geschäft, bevor der Kunde es besucht. Es sind nicht die quantitativen Werte, also Helligkeitsniveaus oder Beleuchtungsstärken, die bei der Gestaltung des abendlichen Erscheinungsbildes eine primäre Rolle spielen, sondern die Qualität des Lichts, eine perfekt auf den Ort, die Funktion und die Marke abgstimmte Lichtplanung. Wesentliche Inhalte eines guten Lichtkonzeptes betreffen – neben gestalterischen Aspekten – die Blendfreiheit, die Farbwahl, hohen visuellen Komfort, die Wirtschaftlichkeit und Wartungsfreundlichkeit der geplanten Lichtlösungen.

Eines haben beleuchtete Gebäude für Einzelhandel und Büro zunächst gemeinsam: Sie dienen als Informationsträger und übernehmen (im Idealfall) Verantwortung im urbanen Kontext. Lichtverschmutzung, ungerichtetes, in den offenen Stadtraum abstrahlendes Licht ist unbedingt zu vermeiden. Weitere Gemeinsamkeiten gibt es zunächst nicht. Dienstleister, Banken oder Versicherungen können ihre Kompetenz oder Unternehmensziele gar nicht oder nur bedingt durch gut beleuchtete Schaufenster vermitteln. Ihre Standorte liegen oftmals fern der so genannten 1A-Lagen. Ihre Voraussetzungen zur abendlichen Präsentation oder Darstellung sind so gesehen, eingeschränkt. Für eine gute Lichtgestaltung ist dies jedoch weder ein Hindernis noch ein Nachteil.

Auch hier geht es um Beleuchtungsqualität. Imagebildende Faktoren spielen in der Lichtgestaltung eine größere Rolle als im Einzelhandel, dessen Kompetenz nach außen hin durch die beleuchteten Produkte kommuniziert werden kann.

Tatsache ist, dass ein schlecht beleuchteter Firmensitz, der am Abend von einem potentiellen Kunden besucht wird, einen negativen Eindruck hinterlässt – oftmals nachdem er vom Kunden erst nach langem Suchen gefunden wurde. Der Hintergrund, dass viele Unternehmen in relativ dunklen städtischen Randbereichen oder Industriegebieten angesiedelt sind, verstärkt den Bedarf an guten Lichtkonzepten.

Das abendliche Image beginnt mit der Annäherung an das Gebäude. Das Licht übernimmt hier zunächst eine Orientierungsfunktion. Klar strukturierte, durch Licht formulierte Blick- und Wegebeziehungen sind maßgeblich für ein selbsterklärendes „Ankommen“ auf fremdem Terrain. Parkmöglichkeiten, Wege, Unternehmens- und Eingangsbereiche müssen durch eine differenzierte Beleuchtung klar ablesbar sein. Ein vorab übersandtes PDF mit einer Weg-beschreibung nützt wenig, wenn der Firmensitz im Dunkeln liegt oder durch eine Summe von Blendpunkten unkenntlich gemacht wurde. Blendung erschwert die Orientierung, behindert die Wahrnehmung und führt zu Unsicherheit; insbesondere wenn der Kunde oder Partner „spät dran ist“. Eine gute Lichtgestaltung ist daher eine Grundvoraussetzung für den entspannten Besuch des Geschäftspartners. Das Licht vermittelt Qualität, zunächst unbewusst und unabhängig von weiteren lichtgestalterischen Maßnahmen zur abendlichen Selbstdarstellung des Unternehmens.

Um ein Gebäude in „Szene zu setzen“ muss man die Architektur und den Standort respektieren. Das Licht darf den architektonischen Entwurf nicht verzerren, es soll das unterstützen, was auch bei Tageslicht die Architekur ausmacht. Die Erzeugung eines Raumgefühls ist von großer Bedeutung, auch aus Gründen der Orientierung. Der Einsatz von farbigem Licht will gut überlegt und sorgfältig geplant sein. Den Mangel an lichtgestalterischer Qualität oder einer sorgfältigen Lichtplanung durch farbiges Licht – im schlimmsten Fall durch rasch aufeinander folgende Farbwechsel auszugleichen – verkehrt sich oftmals ins Lächerliche und schadet dem Unternehmen eher als es ihm nützt.

Die Architekturbeleuchtung ist ein hochinteressantes und komplexes Gebiet. Es bietet vielfältigste technische und gestalterische Möglichkeiten und sollte in professionelle Hände gelegt werden. Diese Möglichkeiten für die jeweilige Aufgabe zu definieren, zu nutzen, und gestalterisch anspruchsvolle sowie wirtschaftlich sinnvolle Lichtplanungen umzusetzen sind das Tagesgeschäft des freien Lichtplaners.

Selbstverständlich verfügt nicht jede Firma über ein ganzheitlich zu illuminierendes Gebäude; dies ist aber auch oft der Hintergrund für den nachlässigen Umgang mit dem Thema Außenbeleuchtung. Hier haben die Mieter von Gewerbeimmobilien die Möglichkeit des Zusammenschlusses und können gemeinsam versuchen, den Eigentümer davon überzeugen, ein gutes Lichtkonzept im Sinne aller Beteiligten zu realisieren. Wenn es mehr gut beleuchtete Gewerbeimmobilien gäbe, würden sich vielleicht auch weniger Eigentümer über ihre Leerstände wundern. Fassadenbeleuchtungen, Lichtinszenierungen, Lichtwerbung, Masterplanungen für komplexe Industrieanlagen, große Gebäudestrukturen und Firmengelände werden von Lichtdesignern ebenso bearbeitet wie die klassischen Innenbereiche: Entree, Empfang, Verkehrswege, Lobbys, Lounges, Büros, Konferenzräume, Gastronomien. Dass viele dieser Bereiche ihre abendliche Wirkung auch nach außen entfalten, spricht für die Durchführung von Lichtplanungen aus einer Hand, denn die Wirkung des Lichts lässt sich in seiner abendlichen Präsenz nicht in innen und außen aufteilen.

Effekthascherische Anstrahlungen oder das „Anhübschen“ von Architektur gehören nicht zu den Aufgaben und Zielen eines Lichtdesigners. Der abendlichen Gestaltung eines Gebäudes sollte eine ebenso hohe Aufmerksamkeit geschenkt werden wie anderen Gestaltungsaufgaben innerhalb eines Unternehmens. Entscheidend ist hierbei, dass der abendliche Außenauftritt, der Architektur und Außenraum umfasst, als gleichwertiges Mittel zur Unternehmenskommunikation bewertet wird.

Wie andere Fachplaner arbeiten auch freie Lichtdesigner auf der Grundlage nachvollziehbarer Richtlinien wie Honorarordnungen; aber auch pauschale Honorarvereinbarungen sind möglich. Die Einbindung eines herstellerunabhängigen Lichtplaners bietet den Vorteil, dass ein immenses Spektrum von derzeit auf dem Markt erhältlichen Produkten für das Projekt zur Verfügung steht. Der freie Planer agiert unabhängig von Hersteller- oder Händlerinteressen, da er sein Honorar vom Auftraggeber bezieht. Der weltweit größte Verband freier Lichtdesigner, die International Association of Lighting Designers, IALD (www.iald.org) hält auf ihrer Website ausführliche Informationen bereit.

Eine gute Lichtplanung erhöht die Akzeptanz jeder Raumsituation, innen und außen. Licht ist die vierte Dimension der Architektur.
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