Hamburg (05/2006, National)

Personality: Architekten-Portrait

Hadi Teherani ist seit 1990 selbstständiger Architekt und gründete gemeinsam mit seinen ehemaligen Studienkollegen Jens Bothe und Kai Richter 1991 das mittlerweile international erfolgreiche Unternehmen Bothe Richter Teherani. Bernd Eger traf Herrn Teherani im Bürohaus Deichtor in Hamburg, das nicht nur von BRT entworfen wurde, sondern in dem sich auch der Firmensitz der Architektenschmiede befindet.

Guten Tag, Herr Teherani. Als Architekt und Mitinhaber von BRT genießen Sie den besten Ruf. Stellen Sie uns doch bitte Ihr Unternehmen kurz vor.

Unser Aufgabenbereich reicht schon seit einigen Jahren von den kleinteiligen architektonischen Stadtbausteinen über markante Orientierungspunkte wie den Frankfurter Flughafenbahnhof, das Bürohaus Berliner Bogen, das Dockland oder unser Büro am Hamburger Deichtor bis zu Stadtmobiliar, Möbeln, Sanitärobjekten, Leuchten, Türklinken oder Bodenbelägen. Mit der für uns typischen Synthese aus architektonischem, emotionalem Zeichen und ökonomischer wie ökologischer Funktionalität akzentuieren wir das Image zahlreicher internationaler Unternehmen, erreichen aber auf diesem Weg auch den Stadtbewohner, der nicht urbanen Stillstand erleben möchte, sondern eine dynamische Akzentuierung und Aktualisierung seiner Stadt, natürlich unter Beachtung der historischen Vorgaben und Zeitzeugen. Hamburg hat dafür dank seiner geographischen Voraussetzungen als Stadt am oder sogar im Wasser das größte Potenzial. Zeitzeugen braucht die Stadt auch weiterhin, und das können nicht die Erkenntnisse und Formen der Vergangenheit sein. Neben Hamburg sind wir in Moskau und Dubai vertreten. Eine neue Zielsetzung ist der Wohnungsbau, den ich als Addition von individuellen Wohnhäusern begreifen möchte, nicht als Warteposition für das Bausparerhaus außerhalb der Stadt. Wir wollen die Stadt aufwerten, sie ist unsere kulturelle Basis.

Welche Philosophie liegt dem Unternehmen BRT zugrunde?

Architektur sollte aufgeschlossene, sensible Menschen begeistern können. Sie sollte urbane Verstrickungen und Nutzungsüberlagerungen provozieren und ein Gefühl für die Herausforderungen unserer Zeit vermitteln. Auf diesem Weg kann Architektur zu einer Orientierungshilfe für die Menschen wie die Stadt werden. Wir müssen uns vor allem um die Städte kümmern, um Verdichtungsmodelle, Verkehrsmodelle, Zeitbudgets, um eine intelligentere, komplexere Verzahnung von Natur, Wissenschaft, Technik und Design. Von den Amerikanern, die heute schon zehn Jahre ihres Lebens im Auto verbringen, trennt uns so wenig, weil wir nur noch auseinandersortieren und trennen, zuwenig verbinden und überlagern. Alles, was dazu beiträgt, dass wir in der Stadt wohnen, arbeiten, einkaufen und dort Kultur und Freizeit erleben, ist von Vorteil. Architektonischer Anspruch, die ökonomischen Interessen der Investoren, aber auch die emotionale Sehnsucht der Menschen sollten sich im besten Fall nicht ausschließen, sondern auf einer gemeinsamen strategischen Grundlage aufbauen.

Sie haben mir erzählt, dass mittlerweile ein nicht unerheblicher Prozentsatz Ihres Geschäftes im Ausland gemacht wird – wie genau sieht das aus?

Zur Zeit erwirtschaften wir 60 % unseres Umsatzes im Ausland, nur noch 40 % in Deutschland. Auch wenn dieses internationale Engagement durchaus risikoreich und zeitaufwändig ist, bleibt in der gegenwärtigen wirtschaftlichen Situation unseres Landes keine andere Möglichkeit. Ich hoffe sehr, dass sich dieses Verhältnis mittel- und langfristig wieder umkehrt. Denn es ist natürlich nicht unser Ziel, Deutschland den Rücken zu kehren. Ich bin seit meinem 6. Lebensjahr Wahlhamburger und möchte das auch bleiben. Im Moment kommt es mir jedoch oft so vor, als lebte ich im Flugzeug und nicht in Hamburg.

Werden Sie immer mehr ins Ausland verlagern oder bleiben Sie uns auch in Deutschland mit Ihrer hervorragenden Architektur erhalten?

Das hängt ganz von der Auftragslage ab, von der Begeisterungsfähigkeit der Investoren, vom Innovationsgeist unserer Städte und von den ökonomischen Bedingungen. Ich entwerfe leidenschaftlich gerne spektakuläre Projekte wie das Lighthouse in Hamburg – ein 288 m hohes Hochhaus samt Konzerthalle im Elbstrom als Orientierungspunkt einer aufstrebenden Metropole –, wie das Dortmunder Ufo anstelle des heutigen Vorstadtbahnhofs – erster Preis im damaligen Wettbewerb – oder wie die Kranhäuser im Kölner Rheinauhafen, die 1992 als Idee entstanden und nach den Arbeiten am Fundament auf ihre Hochbauphase noch geduldig warten. Immer mit dem Ziel, der Stadtidee Auftrieb zu geben, eine besondere urbane Situation mit einem spezifischen Stadtzeichen zu akzentuieren. Schließlich machen die für eine ökologische Stadtverdichtung notwendigen Hochhäuser den Reiz und das Risiko einer Stadt sichtbarer als jede andere Bauform. Übrigens haben wir für den Transrapid bereits vor acht Jahren die notwendigen Bahnhöfe geplant. Es wäre natürlich schöner, wenn der Transrapid nicht nur in Deutschland entwickelt, sondern dort auch fahren würde.

Das städtebauliche Zoomen zwischen großer Perspektive und kleinem Detail, zwischen Weltmaßstab und individueller Verantwortung halte ich für unentbehrlich. Dieser Anspruch wird jedoch zurzeit im Ausland deutlich stärker vertreten als in Deutschland. Wir planen gerade vor der Küste Dubais einen architektonischen Eisberg im Wasser und experimentieren dabei mit den Bedingungen eines CO2-freien Gebäudes.

In einer Stadt wie Hamburg zu arbeiten hat ja seine besonderen Reize. Wie sehen Sie den Standort Hamburg im Vergleich zu anderen deutschen Metropolen?

Paris hat sich die bahnbrechenden Ordnungspunkte innerhalb der revolutionären Systematik Haussmanns mit Grands Projets geschaffen – historisch wie aktuell. Architektur problematisiert auf diesem Weg gesellschaftliche Passivität, den Widerstand gegen Veränderung. Stadt hat immer eine utopische Dimension, weil sie sich der natürlichen Ordnung widersetzt. Die wesentliche Rolle der Architektur ist es dabei, eine ebenso distanzierte wie emanzipierte Position zur Gegenwart einzunehmen.

Über ökonomische Effizienz hinaus wird Urbanität bestimmt durch gesellschaftliche Räume, innovative Milieus, intellektuelle Atmosphäre. Diesen Nährboden finde ich in Deutschland vor allem in Hamburg, deswegen ist das Büro BRT nach einer kurzen Orientierungsphase in Köln 1991 in Hamburg gegründet worden. Wenn bereits mehr als die Hälfte der Weltbevölkerung in labyrinthischen Städten lebt, werden Bildfähigkeit und Bildqualität der Stadt immer wichtiger. Der Triumph der Sichtbarkeit über die Unsichtbarkeit der Stadt wird zur Voraussetzung für ein funktionierendes Gemeinwesen. Je deutlicher sich ein Gebäude, ein Straßennetz, eine Verkehrsstruktur als urbane Figur vom urbanen Grund abhebt, desto größer die resultierende Bildqualität.

Was gibt es Neues zur „Living Bridge“ –
dem Sprung über die Elbe?

Hamburg ist eine der am wenigsten verdichteten Großstädte der Welt. Um die unermesslichen Wasserfronten Hamburgs in den alten Hafenbereichen zu nutzen, ist eine 700 m lange Brücke notwendig, die ich nach dem Vorbild zahlloser historischer Vorbilder aus dem 12. Jahrhundert als eigenes Stadtviertel mit nahezu 1.000 Wohnungen geplant habe.

Das Potenzial Hamburgs im Stromspaltungsgebiet ist unerschöpflich, denn südlich der Elbe können die begehrtesten Flächen Hamburgs zwischen den Elbvororten, dem Stadtpark und der City-Süd verdoppelt werden. Der Bau von Brücken galt schon immer als symbolischer Akt, der Menschen, Welten und Zeiten verbindet.

Die größte Faszination lösen aber „Living Bridges“ aus, von denen heute gleich mehrere europäische Metropolen anhand konkreter Planungen neu träumen: London, Rotterdam, Rom und sogar Berlin. Nirgends sind jedoch die geographischen Bedingungen und der stadtpolitische Vorteil einer 700 m langen Wohn- und Erlebnisbrücke brisanter als in Hamburg. Die Investoren stellen der Stadt die Brücke im Tausch gegen Grundstück und Baurecht kostenlos zur Verfügung. Dabei übersteigen die Baukosten der Brückenkonstruktion den Grundstückswert bereits deutlich. Nachdem die Stadt ihr Interesse signalisiert hat, soll die Detailplanung noch in diesem Jahr abgeschlossen werden. Die notwendige Anbindung an das U-Bahn-Netz ist bereits beschlossen. Ich bin ganz sicher, dass die Nachfrage nach diesen Logenwohnungen mit Blick auf Elbe und Stadt immens sein wird, zumal Eigentums-
wohnungen wie auch preiswerte Mietwohnungen auf der Brücke angeboten werden sollen. Im Gegensatz zur Hamburger Hafencity ist diese Wasserlandschaft sehr stark durch Grünflächen bestimmt. Bei einem Treffen in Dubai erzählten Sie mir spannende Dinge über, ich nenne es mal „Design à la Teherani“. Um konkreter zu werden: Kann man sich zukünftig
vorstellen, in einem Teherani-Haus zu wohnen und z. B. vom Teherani-Stuhl aus den Blick auf den Teherani-Schrank zu werfen, während man aus einer Teherani-Tasse trinkt?

Alles, was der Markt zur atmosphärischen Definition meiner Architektur nicht bietet, entwickele und entwerfe ich unter eigener Regie und Verantwortung. Unter dem Label
Hadi Teherani als internationaler Marke für Lifestyle-Produkte reicht dieses Angebot bald tatsächlich vom Teegeschirr bis zur Möbelserie. Dabei geht es mir darum,
diese neuen Produkte in erster Linie an den komplexen Anforderungen und hohen Maßstäben zeitgenössischer Architektur zu messen. Die neu etablierten ganzheitlichen, atmosphärischen Qualitäten der Architektur werden so ohne Kompromisse bis ins letzte Detail von Einrichtung und Ausstattung realisiert. Wer diese Stimmigkeit bis ins Detail sucht, kann diese dann lückenlos bekommen.

Wird die Hadi Teherani AG somit ihre Haupttätigkeit weg von der Architektur und hin zum Produktdesign verlagern?

Die Hadi Teherani AG beschäftigt sich ausschließlich mit Produktdesign, die Architektur bleibt Aufgabe der bisherigen Konstellation BRT Architekten. Insofern gibt es keine Verlagerungen, sondern nur neue, umfassendere Ziele in einer engen Kooperation.

Und was gibt es in puncto Zukunftsvisionen des Hadi Teherani zu sagen?

Eine meiner größten Visionen ist ein Gebäude, das seine notwendige Energie unabhängig von allen Gas- und Stromanschlüssen selbst gewinnt. In Dubai kommen wir innerhalb dieser ökologischen Zielsetzung mit dem schon erwähnten Projekt gerade einen großen Schritt voran. Darüber möchte ich jedoch noch nicht sprechen.

Man darf aber auch nicht aus dem Blick verlieren, dass wir das Wohnen urbaner anlegen müssen, um viel unnötige Zwangsmobilität zu vermeiden, die mit Lebens- und Wohnqualität nun wirklich gar nichts zu tun hat. Da machen sich viele Häuslebauer falsche Illusionen. Das Benzin wird nicht mehr billiger werden, sondern im Gegenteil schrittweise noch deutlich teurer.

Als Abschlussfrage noch eines, haben Sie eine persönliche „Lieblingsimmobilie“ und wenn ja, warum?

Mich fasziniert nach wie vor die Casa Malaparte auf Capri aus dem Jahr 1942 von Adalberto Libera und Curzio Malaparte im Sinne eines Gesamtkunstwerks aus Landschaft und Architektur. Nicht von ungefähr habe ich dieser Verschmelzung von Umgebung und Gebäude beim Bau des Dockland nachgeeifert. Aus manchen Blickwinkeln ist man bei diesem Gebäude wirklich unsicher, ob es nicht doch ein Schiff auf der Elbe mit Kurs auf die Nordsee sein könnte.

Herr Teherani, ich bedanke mich für das Interview und wünsche weiterhin viel Erfolg!


Facts:
Informationen unter:
www.brt.de
www.haditeherani.de
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