KÖLN (10/2005, National)

Gerling Investment Kapitalanlage Interview mit Reinhard Kruse

GERLING INVESTMENT: ANLAGENSICHERHEITÖ
Ö durch antizyklisches Marktverhalten


Interview mit Reinhard Kruse, Geschäftsführer der Gerling Investment Kapitalanlage GmbH

Herr Kruse, Sie sind Geschäftsführer der Gerling Investment Kapitalanlage GmbH. Können Sie uns bitte kurz darstellen, worin der Geschäftszweck Ihrer Gesellschaft besteht und welche Fondsprodukte Ihr Unternehmen anbietet und managt?

Kruse: Die Gerling Investment Kapitalanlage GmbH wurde vor mehr als 30 Jahren in Köln gegründet und ist die älteste KAG (Kapitalanlage-Gesellschaft) aus der Assekuranz. Heute haben wir in dieser Gesellschaft mehr als 7 Milliarden under Management. Will sagen, wir managen 8 Wertpapierspezialfonds, 15 Wertpapierpublikumsfonds, einen Alterssicherungsfonds, 5 Dachfonds und einen Spezialfonds. Diesen Immobilienspezialfonds, für den ich verantwortlich zeichne, haben wir im März 2002 gegründet, um für unsere Lebensversicherung ein "Anlagevehikel" zu haben. Bis dahin hat die Lebensversicherung Immobilien direkt gekauft, heute kauft der Fonds. Einziger Anteilszeichner dieses Spezialfonds ist unsere Lebensversicherung.

Würden Sie uns kurz Ihre Anlagephilosophie erläutern?

Kruse: Die Gerling Investment Kapitalanlage GmbH hat den Auftrag, die Gelder der Versicherten anzulegen. Und dabei handelt es sich letztendlich um Treuhandkapital. Da wir mit diesem Kapital ja operative Risiken aus dem Versicherungsgeschäft absichern sollen, gehen wir mit der Vermögensanlage in Immobilien kein Abenteuer ein. Wir sind also relativ konservativ in der Anlage und beschränken uns auf vier Nutzungsarten: Wohnanlagen, Bürohäuser, Objekte mit Handelsnutzung und Parkhäuser.

Auf diesen Gebieten sind wir dank jahrzehntelanger Erfahrung kompetent. Betreiberimmobilien dagegen, wie beispielsweise Hotels, Seniorenwohnanlagen, Indoor-Skihallen usw., kommen für uns nicht in Frage, weil man dort vom Betriebsergebnis des Betreibers abhängt. Zudem ist die Rendite dieser Immobilien in der Langzeitbetrachtung meist nicht höher als die von klassischen Immobilien. Nur das Risiko ist höher.

An welchen Standorten investieren Sie?

Kruse: Bei der Standortfrage fokussieren wir uns in Deutschland auf sieben große Städte: München, Stuttgart, Frankfurt, Köln, Hamburg, Berlin und Düsseldorf. Diese Strategie, die wir 1995/96 für zehn Jahre festgelegt haben - also bis Ende 2005 -, wurde vor kurzem bis 2008 fortgeschrieben, weil sie sich bewährt hat. Im Rahmen einer Zielverteilung wurde zunächst bestimmt, wie viel Volumen an Immobilien wir in den einzelnen Städten haben wollten, dann wurde der Umfang auf die vier genannten Nutzungsarten verteilt und auf diese Weise eine Zieltabelle festgelegt. Im Rahmen der anschließenden Portfoliobereinigung haben wir von 1996 bis heute Immobilien im Wert von etwa einer halben Milliarde Euro verkauft. Diese Immobilien und ihre Standorte entsprachen nicht der definierten Strategie und passten nicht ins Zielportfolio. Im gleichen Zeitraum haben wir über eine Milliarde Euro in Immobilien investiert.

Der Immobilienanteil an den gesamten Vermögensanlagen beträgt knapp 10 %. Und damit liegen wir deutlich über dem Durchschnitt in der Branche. Vor allen Dingen deshalb, weil wir auch bewiesen haben, dass wir durch unsere Immobilien in der Lage sind, nicht nur Kapital abzusichern, sondern auch Wertbeständigkeit herzustellen und dabei auch noch Rendite zu erzielen. Immerhin stehen wir im offiziellen Deutschen Immobilien-Index schon seit fünf Jahren auf Platz 1 aller Versicherungsgesellschaften.

Wie verteilen sich die einzelnen Nutzungsarten in Ihrem Portfolio?

Kruse: Das ist eine gute Frage. Vor zehn Jahren hatten Büroimmobilien in unserem Portfolio einen Anteil von 30 % und Wohnimmobilien 70 %, überwiegend in Köln. Ich halte inzwischen die folgende Splittung für ideal: 20 % Handel, 45 % Büros und 35 % Wohnungen. Derzeit liegen wir noch etwa 5 % bei den Büros darüber und bei den Handelsnutzungen darunter.

Oft wurden wir gefragt, warum wir immer noch in Wohnen investieren. Der Kauf von Wohnanlagen war vor fünf, sechs Jahren Teil unserer Strategie. Wir waren der Meinung, für eine verantwortungsvolle Versicherungsgesellschaft, die das Geld ihrer Kunden anlegt, gehört einfach ein nennenswerter Anteil von Wohnanlagen oder Wohnungen mit in das Portfolio. Denn Wohnanlagen sind zwar in Bezug auf ihre Renditeentwicklung eher langweilig, dafür aber sicher. Als unsere Wettbewerber von Wohnungen im Prinzip nichts wissen wollten und sich von ihren Beständen getrennt haben, da haben wir gekauft. Damals hat keiner an den Markt geglaubt. Nun zeigt die Entwicklung ein anderes Bild und hat unsere Einschätzung bestätigt. Heute ist die Bewegung im Markt gigantisch, und wir sind froh, dass wir im Wohnungsmarkt investiert haben. In diesem Segment weist die lineare Erfolgskurve ununterbrochen nach oben. Da die Renditen der Wohnungen stabil sind, glätten sie uns die Amplituden des Marktes im Gewerbebereich.

Also, ich habe Sie richtig verstanden, Ihr Anlagespektrum bezieht sich zur Zeit ausschließlich auf Deutschland? Gibt es hier denn überhaupt genug interessante Objekte?

Kruse: Zunächst zu Ihrer Frage: Warum gerade Deutschland - oder ausschließlich Deutschland? Die Renditen in allen westeuropäischen Staaten haben sich mittlerweile angeglichen. Das heißt, es gibt kaum noch Unterschiede. Und darum sage ich: Warum denn im Ausland anlegen, wenn dort bei vergleichsweise höherem Risiko nicht mehr Rendite erzielt werden kann als hier in Deutschland? Im Gegensatz zu Deutschland sind die Preise im Ausland überdurchschnittllch gestiegen, das birgt Gefahren. Wir haben mit dem Gerling Immobilienspezialfonds im letzten Jahr 6,85 % erreicht. Das ist höchstwahrscheinlich im Ausland nicht möglich, und deswegen halten wir uns sehr zurück. Andererseits profitieren wir davon, dass andere Unternehmen im Ausland investieren. Dadurch haben wir in Deutschland sozusagen freie Bahn und weniger Konkurrenzkapital am Markt.

Nun zu Ihrer zweiten Frage, ob es überhaupt noch genug interessante Objekte gibt. Der Markt ist gespalten. Es sind eine Menge zweit- und drittklassiger Immobilien auf dem Markt, das heißt in eher zweitrangigen Lagen, mit kurzfristigen Mietverträgen, unsicheren Mietern oder in auch unsicheren Branchen. Solche Immobilien sind Ladenhüter, die sich schlecht vermarkten lassen. Dem-entsprechend gehen die Preise bei solchen Objekten nach unten und die Renditen nach oben, doch sie sind nahezu unverkäuflich. Anders ist die Situation bei Objekten in sehr guten 1A/1B-Lagen, beispielsweise an unseren sieben Standorten, in bester Citylage, mit langfristigen Verträgen - mindestens fünf Jahre, besser acht oder zehn Jahre. Bei solchen Immobilien gehen die Preise nach oben und die Renditen nach unten. Es ist also genau gegenläufig. Daher meine Antwort: Nein, es gibt nicht genug Immobilien, denn die besonderen Objekte sind sehr begehrt. Wenn man diese als Investment-Gesellschaft oder als Verkäufer auf den Markt bringt, kann man jetzt einen sehr guten Preis erzielen.

Die Lebenszyklen von Büroimmobilien werden immer kürzer. Was bedeutet das für die Anlagestrategie Ihres Hauses?

Kruse: Einerseits nimmt der kürzere Lebenszyklus deutlich Einfluss auf die Verkehrswertbewertung. Vor 20 Jahren rechneten die Sachverständigen und wir noch mit einer Lebenserwartung von 100 Jahren, vor etwa sieben, acht Jahren haben wir uns auf 80 Jahre eingestellt, heute sind wir eher bei 60 Jahren. Das drückt sich natürlich auch im Verkehrswert aus und beeinflusst spürbar die Fonds bei der Bewertung ihrer Portfolien. Aus diesem Grund haben wir ganz bewusst unser Portfolio verjüngt, und dies speziell im Bürobereich. Wir haben uns von alten Immobilien getrennt und in neue investiert, zudem haben wir gebaut und selbst Projekte entwickelt. Jetzt zeigt es sich wieder einmal, dass wir zum richtigen Zeitpunkt richtig gehandelt haben. Mit neuen Produkten an unseren sehr guten Standorten sind wir bestens marktfähig. Und weil wir uns in der Miete flexibel zeigen können und nicht von Banken abhängig sind, sind unsere Immobilien auch zügig zu vermieten.

Welche Immobilien laufen nicht? Schlechte Lagen, schlechte Standorte, schlechte Produkte. Solche Objekte - speziell, wenn sie in ihrer technischen Ausstattung nicht den zeitgemäßen Ansprüchen gerecht werden - lassen sich zukünftig nicht mehr vermarkten, meiner Meinung nach sind es Abrissobjekte. Bei neuen Produkten achten wir auf ausreichende Raumtiefen, vernünftige Deckenhöhen, gute technische Ausrüstung und nicht zuletzt auf den richtigen Standort. Das halten wir für wesentlich. Im Rahmen unserer Anlagestrategie konzentrieren wir uns auf die Innenstädte. In Düsseldorf beispielsweise haben wir Pionier- und Entlastungsstandorte wie den Seestern usw. völlig ausgeschlossen. Aus dieser Strategie resultiert unsere sehr niedrige Leerstandsrate, die - im Vergleich zum bundesweiten Durchschnitt von etwa 11 % - durch DIX ermittelt bei etwa 7 % liegt. Weil wir über gute Produkte verfügen, werden wir Ende dieses Jahres noch deutlich geringere Leerstandsraten haben. Keine Frage, wir vermieten!

Die Herausforderung der Immobilienwirtschaft für das nächste Jahrzehnt wird darin bestehen, den vorhandenen Immobilienbestand für Nutzer attraktiv zu halten. Wann lohnt sich eine Revitalisierung bzw. ein Refurbishment nicht mehr marktkonformer Objekte? Welche Vorausetzungen müssen erfüllt sein?

Kruse: Die Lage muss stimmen. Man muss die Chance haben, sich in einem Markt wiederzufinden, wo man Mieter für seine Immobilien interessiert. Das ist in der Regel dann, wenn man mittendrin ist, wenn man gut erreichbar ist, wenn man an der Schiene liegt, also beim örtlichen Nahverkehr. Schienenanbindung ist wichtig. Eine Bushaltestelle reicht nicht aus, die kann man relativ schnell verlegen. Mit einer guten Verkehrsanbindung sowohl für Autofahrer wie Nutzer von öffentlichen Verkehrsmitteln sowie einem Angebot an ausreichenden Parkplätzen hat man auch Chancen.

Zudem sollte man preisflexibel sein, damit meine ich nicht preisaggressiv, dann findet man sich in einem Markt wieder, für den es eine Nachfrage gibt.

Aus all diesen Gründen haben wir uns mit unserer Strategie ganz klar bei Büroimmobilien auf die Innenstädte fokussiert. Bei Handelsimmobilien sieht das natürlich anders aus. Wenn man z. B. einen Fachmarkt nimmt, den kriegt man in der Regel nicht in der Innenstadt, da kaufen wir auch erst ab 4.000 m2 Verkaufsfläche. Bei Wohnanlagen vertreten wir eine ganz andere Philosophie. Wir investieren nicht mehr in Neubauobjekte. Vielmehr kaufen wir Wohnanlagen aus den 50er und 60er Jahren. Da sind die Mieten aufgrund der Kappungsgrenzen (bei öffentlicher Förderung) immer noch relativ niedrig. Wenn man in solche Wohnanlagen investiert, erreicht man einerseits einen Wertsprung nach oben, andererseits sind die Mieter glücklich, dass durch die Übernahme durch uns jetzt endlich renoviert wird. Für die Verbesserungen und mehr Lebensqualität in den Wohnungen sind sie dann auch gerne bereit, ein wenig mehr Miete zu zahlen. Wohnanlagen dieser Art sind die "Cash-Cows" in unserem Portfolio.

Wie groß ist Ihr Büro-Portfolio wert- und flächenmäßig?

Kruse: Wir haben jetzt im Portfolio knapp 2 Milliarden angelegt, davon kann man heute rund 60 % den Büros zurechnen. Also etwa 1,2 Milliarden. Das entspricht etwa 745 Mieteinheiten auf etwa 520.000 m2 Fläche.

Welche konkreten Maßnahmen und Konzepte nutzen Sie, um Mieter in Ihren Immobilien zu halten?

Kruse: Es bedarf heute sehr großer Anstrengungen, um den Mieter zu halten. Und deswegen gehen wir das proaktiv an. Schon vor Ablauf der Kündigungsfristen sprechen wir unsere Mieter an und fragen nach. Im Gespräch kommt oft heraus, dass der Mieter prinzipiell bleiben will, doch über die Höhe der Miete verhandeln möchte. In solchen Fällen muss man kompromissbereit sein. Darüber hinaus sorgen wir für eine zeitgemäße technischen Ausrüstung eines Gebäudes. Das kommt dem Mieter zugute und nicht zuletzt auch uns als Eigentümer. Wenn eine technische Ausrüstung veraltet ist - das kann bei den derzeit kurzen Lebenszyklen im Bürobereich bereits nach sieben acht Jahren der Fall sein -, muss man einfach nach-rüsten um den Mieter zu halten. Auch Zugeständnisse hinsichtlich der Mietzahlungszeit können für eine Mieterbindung sorgen. Möglicherweise verhilft einem Mieter das Angebot von einer mietfreien Zeit von ein, zwei, drei Monaten über eine schwache Geschäftphase hinweg. Das hätte einem Mietnachlass gegenüber den Vorteil, dass die Mieten nominal hochgehalten werden können, zudem wird dadurch der Verkehrswertverlust bei der Bewertung der Immobilien vermieden. Wer aber ein gutes Produkt hat, hat auch heute gute Vermietungschancen. Es wird ja trotz der hohen Leerstandsraten vermietet.

Inwieweit sind Preiszugeständnisse hierbei zwingend notwendig?

Kruse: Da muss man sich heute nach den Kundenwünschen richten. Bei der Verhandlung muss man sich flexibel zeigen und auf den Mieter zugehen. Meist lässt sich eine Lösung finden. Flexibilität und Servicebereitschaft, das sind Dinge, die der Mieter heute mehr denn je wohlwollend zur Kenntnis nimmt. Man muss sich immer fragen: Wie würde der Mieter jetzt denken? Was interessiert den Mieter, wo sind seine Probleme? Wie kann ich auf ihn zugehen? Das ist Marketing 2005.

Inwieweit spielen Zusatzleistungen und Services eine Rolle?

Kruse: Das ist eine gute Frage. Der Mieter ist dankbar für jeden Service, möchte aber möglichst wenig dafür zahlen. Man muss sich überlegen: Welchen Service braucht der Mieter tatsächlich? Wie bereit ist er, dafür auch Geld auszugeben? Auch die Belastung des Mieters durch die steigenden Energiekosten sollte nicht unterschätzt werden. Den Mieter interessiert nicht allein die Höhe der Miete, sondern vielmehr die Gesamtkostenbelastung.

Langfristige Mietverträge waren lange Zeit Garanten für die Wertbeständigkeit von gewerblichen Mietobjekten. Heutzutage wollen und können viele Unternehmen sich nicht langfristig binden. Muss hier nicht auch ein Umdenkprozess in der Branche einsetzen, der mehr Flexibilität für Mieter ermöglicht?

Kruse: Klar, langfristige Mietverträge im Fonds sind ein Stabilitätsfaktor und würden in den nächsten zehn Jahren für Ruhe im Portfolio sorgen. Doch das ist heute nicht mehr so leicht durchsetzbar, obwohl in Zeiten niedriger Mietniveaus auch aus Sicht des Mieters einiges dafür spricht. Man muss als Vermieter sehr genau abwägen zwischen langfristiger Sicherheit und der Option, etwa in fünf Jahren den Vertrag nachzuverhandeln - mit dem Risiko, dass der Mieter dann auch abspringen kann. Die Kunst des Vermieters oder des Portfoliomanagers ist es, die Zyklen richtig einzuschätzen. Wenn ich jetzt weiß, dass der Markt 2007/08 wieder nach oben geht, will ich dabei sein und hätte dann natürlich auch die Möglichkeit, eine höhere Miete zu erwirtschaften. Andererseits ich habe den Auftrag, Anlagesicherheit zu schaffen. Deswegen ist mir ein Zehn-Jahres-Vertrag auch lieber. Denn die Sicherheit bei Kapitalanlagen durch Versicherungen ist der eigentliche Auftrag, zu dem wir durch das Versicherungsaufsichtsgesetz verpflichtet sind. Primär die Anlagensicher-heit, danach die Rentabilität sowie Mischung und Streuung im Portfolio und schließlich die Wiederveräußerbarkeit. Auch auf dieser Basis setze ich auf langfristige Verträge. In unserem Fonds konnten wir das durchsetzen, weil er relativ jung ist. Etwa 14 % der Mietverhältnisse laufen zwischen 2009 bis 2013 aus und 69 % unserer Verträge erst ab 2014. Besser kann man das kaum gestalten.

Wenn man ein so großes Portfolio wie Gerling hat, ist es dann möglich, dem Mieter ein anderes Objekt in einer anderen Preis- und Qualitätsstufe anzubieten, um ihn so als Mieter im Unternehmen zu halten?

Kruse: Da sprechen Sie jetzt etwas an, was auch Teil unserer Strategie 1995 war. Bei einer Konzentration auf bestimmte Standorte verfügt man zwangsläufig auch über unterschiedliche Immobilientypen in unterschiedlichsten Preissegmenten und unterschiedlichsten Lagen. Wir sehen das in München zur Zeit sehr deutlich. Hier können wir zum einen den preisbewussten Mieter bedienen, dem eine gute Funktionalität wichtig ist, der aber die Spitzenmiete nicht zahlen kann und die Spitzenlage auch nicht braucht. Andererseits verfügen wir aber auch über Immobilien in 1A-Lagen in der Innenstadt, wie Prinzregentenstraße, Nymphenburger Straße, Theresienwiese. Zudem sollte man aber auch Immobilien besitzen, in denen sich durch unterschiedliche Mieter Synergien ergeben und in denen der Mieter atmen kann. Durch unsere Konzentration auf zentrale Standorte in den genannten sieben deutschen Städten haben wir eine Marktdurchdringung, da können wir ein Research machen. Die Makler kennen uns und unsere Objekte. Das sind die Vorteile, wenn man sich nur auf bestimmte Standorte konzentriert.

Gibt es eigentlich einen Markt für Discount- bzw. Low-Price-Offices z. B. für Unternehmensgründer und sind nicht hier gerade Synergien zwischen den Mietern erwünscht?

Kruse: Wenn man so was sucht, ganz sicher. Die Situation am Büromarkt ist ja jetzt auch für preisbewusste Kunden oder Interessenten so gut - weil die Mieten zur Zeit sehr günstig sind - dass auch Start-up-Unternehmen bezahlbare Flächen finden. Wenn Sie auf die Synergien ansprechen, dann sind Sie schon fast bei so einer Art Themenimmobilie. Für uns kommt das nicht in Frage, weil die Anforderungen der Büronutzer besonders an den Standort zu unterschiedlich sind. Themenimmobilien eignen sich möglicherweise eher für technisch orientierte Gesellschaften z. B. im TV-Bereich, wo sich unterschiedliche Gesellschaften bestimmte Infrastruktur wie Studios, Schneideräume u. ä. teilen. Das hat sicher auch eine Magnetwirkung auf artverwandte Unternehmen. Überhaupt sollte man genau wissen, welchen Nutzen hat der Mieter gerade aus unserer Immobilie? Wie unterscheiden wir uns von anderen Angeboten? Die guten Argumente muss man zum Unterschied zu anderen Immobilien dann als Vorteil herausstellen. So kann man neue Mieter gewinnen oder halten.

Wie sehen Sie die Zukunft der Immobilieninvestition?

Kruse: Ich gehe davon aus, dass die Amplituden des Marktes künftig flacher ausfallen werden. Die Immobilien-Zuwächse werden nicht mehr so hoch sein, jedenfalls nicht im klassischen Bürosegment, auch weil hier eine Marktsättigung eingetreten ist. Es wird Nomaden geben, die von Alt nach Neu wechseln. Ausgediente Häuser werden keine Überlebenschancen mehr haben, wenn sie in schlechten Standorten liegen. Das wird sehr, sehr schwierig werden. Über den Standort wird alles entschieden. Das ist meine Meinung. Immobilien in Innenstädten werden weiter nachgefragt werden, vor allen Dingen dann, wenn sie mit öffentlichen Verkehrsmitteln gut erreichbar sind. Eine Zukunft haben vor allem Immobilien, die über eine gewisse Attraktivität verfügen, die einen Imagefaktor bilden können, die trotzdem bezahlbar sind und die vom Standort her auch eine gute Mitarbeitercrew sicherstellen können.

Das Interview führte Andreas P. Lienig
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