Rund um die Gewerbeimmobilie (05/2005, Hamburg)

Die Bedeutung der Schriftform

...für Gewerbemietverträge und deren Änderungen

In der letzten Ausgabe des Büroanzeigers hatten wir uns mit rechtlichen Besonder- heiten und aktuellen Problemen des Ge- werbemietvertrages auseinander gesetzt.

Im Hinblick auf die wirtschaftliche Bedeu- tung von Gewerbemietverträgen mit fester Laufzeit (über ein Jahr hinaus) kommt der Einhaltung von bestimmten Formalien eine existenzielle Bedeutung für die Wirksamkeit dieser Miet-verträge zu.

Soll ein Mietvertrag länger als ein Jahr gelten, muss er gemäß ß 550 BGB zwingend schriftlich abgeschlossen werden. Dieses Schriftformerfordernis umfasst auch Anlagen und Änderungen zum Mietvertrag. Die Nichteinhaltung der Schriftform führt zwar nicht zur Nichtigkeit des Mietvertrages, der Mietvertrag gilt in diesem Fall jedoch als „für unbestimmte Zeit“ abgeschlossen und kann unter Einhaltung der gesetzlichen Frist ordentlich gekündigt werden.

Da die vertraglich vereinbarte Vertragslaufzeit für die Vertragsparteien regelmäßig eine große wirtschaftliche Bedeutung hat, muss durch Wahrung der nach dem Gesetz erfor- derlichen Formalien verhindert werden, dass sich die jeweils andere Vertragspartei möglicherweise vor der kalkulierten Vertragslaufzeit vom Mietvertrag lossagen kann und damit nicht unerhebliche wirtschaftliche Nachteile eintreten. Es haben möglicherweise beide Seiten ein Interesse, sich aus einem unbequem gewordenen Mietvertrag zu lösen: der Mieter insbesondere, wenn ihm die Miete zum Vergleich zu anderen Objekten erhöht erscheint – der Vermieter hat dadurch ggf. die Möglichkeit, einen lästigen Mieter loszuwerden. Beide Seiten sollten daher bei Abschluss oder im Laufe des Mietver- hältnisses darauf achten, dass für einen Mietvertrag wesentliche Erklärungen auch in der gehörigen Form schriftlich dokumentiert werden.

Im Folgenden beschäftigen wir uns daher detailliert mit den – für die Wahrung der Schriftform erforderlichen – Formalien.

1. Mietvertrag

Zur Wahrung der Schriftform muss ein Mietvertrag folgende Voraussetzungen erfüllen:
• Es muss die gesamte Urkunde von allen Vertragsparteien unterzeichnet sein
• In dem schriftlichen Mietvertrag müssen alle wesentlichen Absprachen enthalten sein
• Die Einheitlichkeit der Mietvertragsurkunde ist zu gewährleisten

Das bedeutet, dass die Schriftform nur gewahrt ist, wenn die gesamte Vertragsurkunde unterzeichnet ist. Die eigenhändige Unterschrift – sämtlicher Vertragsparteien – muss daher grundsätzlich am Ende der Urkunde stehen. Bislang genügte ein gegenseitiger Briefwechsel nicht ohne weiteres dem Schriftformerfordernis. Nach einer neueren Entscheidung des Bundesgerichtshofes aus dem Juli 2004 wird die Schriftform jedoch gewahrt, wenn die Vertragsbestimmungen in einem unterzeichneten Schreiben der einen Partei niedergelegt sind, das die andere Partei ihrerseits unterzeichnet.

Von großer Bedeutung ist ferner – insbesondere im Hinblick auf eine Entscheidung des Bundesgerichtshofes aus dem Juli 2003 –, dass ein Mietvertrag von allen Vertrags- parteien unterschrieben wird. Dies gilt insbesondere bei einem Mietvertrag mit einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts. Dort ist es erforderlich, dass alle Gesellschafter der GbR den Mietvertrag ausnahmslos unterzeichnen. Wird der Mietvertrag für eine Vertragspartei von einem Vertreter unterzeichnet, so muss dies in dem Mietvertrag durch einen das Vertretungsverhältnis anzeigenden Zusatz hinsichtlich deutlich zum Ausdruck kommen.

Wichtig ist auch, dass der schriftliche Mietvertrag alle wesentlichen Absprachen der Parteien enthält. Dies sind neben den Vertragsparteien als solchen der Mietgegenstand, der Mietpreis, die Mietdauer, die Nebenkostenab-rede und sonstige für die Vertrags- parteien entscheidende Nebenabreden. Sie müssen sich aus dem schriftlichen Vertrag oder aus den in diesem Vertrag in Bezug genommenen Urkunden und Anlagen ergeben.

Der Mietvertrag als solcher darf auch nicht in selbständige Teile aufgespalten sein. Dies kann zum Beispiel durch eine feste, nur durch Gewalt- und Substanzverletzung wieder zu lösende körperliche Verbindung der Vertragsblätter (z.B. Heften) oder eine fortlaufende Paginierung oder Nummerierung der einzelnen Bestimmungen erreicht werden.

Schwierigkeiten bereiten in diesem Zusammenhang regelmäßig die Anlagen zum Mietvertrag. Die Einheitlichkeit der Urkunde ist bei Anlagen zum Mietvertrag dann gewahrt, wenn die Anlagen unterzeichnet sind und Anlage und Haupturkunde zweifelsfrei und gegenseitig aufeinander verweisen. Werden diese Voraussetzungen erfüllt, so ist nach der inzwischen gelockerten Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes (früher war immer eine feste Verbindung vorausgesetzt) die körperlich feste Verbindung der Anlagen mit der Haupturkunde entbehrlich.

Aus Sicherheitsgründen und um keine Risiken für die vereinbarte lange Laufzeit des Mietvertrages einzugehen, empfehlen wir dennoch eine feste Verbindung von Anlagen und Haupturkunde.

2. Änderungen des Mietvertrages

Ein ursprünglich formwirksam abgeschlossener Mietvertrag kann dadurch insgesamt formunwirksam werden, dass Nachträge nur mündlich vereinbart werden – z.B. zur Mieterhöhung oder zur Untervermietung. Wird der Mietvertrag durch Nachträge oder Zusätze geändert, so unterliegen auch diese Änderungen dem Formzwang des ß 550 BGB.

Wird bei diesen Änderungen die Schriftform nicht eingehalten, so hat dies die unbestimmte Laufzeit des gesamten Mietvertrages – mit der vorzeitigen Kündigungsmöglichkeit – zur Folge.

Hier stellt sich die Frage nach der Abgrenzung zwischen schriftformbedürftigen Änderungen zum Mietvertrag und schriftformunerheblichen Modifizierungen. Diese Abgrenzung ist insbesondere dann relevant, wenn zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses der Mietgegenstand noch nicht vorhanden ist Sie ist zum Beispiel bei Gewerbeobjekten von Bedeutung, die im Zuge der Planung vermietet werden und bei denen der Mietgegenstand im Zuge der weiteren Planungsphasen durch die Parteien einvernehm- lich und abweichend von den ursprünglichen, dem Mietvertrag beigefügten Plänen verändert wird. Rechtsprechung und Literatur nennen keine eindeutigen Kriterien, wann derartige und ggf. nur geringfügige Veränderungen der Baupläne dem Schriftformerfordernis unterliegen.

Um die Risiken aufgrund dieser nicht eindeutigen Rechts-lage zu minimieren, sollte daher jede einvernehmliche Änderung des Mietgegenstandes während der Planungs- phase als schriftformbedürftige Änderung des Mietvertrages behandelt werden. Hieraus kann allerdings nicht gefolgert werden, dass jede kleine Änderung der Baupläne während der Planungsphase unverzüglich durch einen schriftlichen Nachtrag zum Mietvertrag festgehalten werden muss. Das wäre ganz sicherlich nicht praktikabel. Es dürfte genügen, dass die einvernehmlichen Änderungen des ursprünglich vereinbarten Mietgegenstandes nach endgültigem Abschluss der Objektplanung in einem ab-schließenden, der Schriftform genügenden Nachtrag zum Mietvertrag zusammengefasst werden.

Auch für Nachträge und Zusätze zum Mietvertrag gilt: diese müssen – wie der Mietvertrag – von allen Vertragsparteien unterzeichnet sein. Nachdem früher der Bundesgerichtshof die Auffassung vertrat, dass auch Nachtragsvereinbarungen fest mit dem ursprünglichen Mietvertrag verbunden werden müssten, so ist diese Rechtspre- chung inzwischen im wahrsten Sinne des Wortes „aufgelockert“ worden: Wenn sich die wesentlichen Bestandteile des Mietvertrages in dem Nachtrag wiederfinden, der Bezug zum ursprünglichen Mietvertrag klar ist und klargestellt wird, dass es im Übrigen bei den Vereinbarungen des ursprünglichen Vertrages verbleibt, so besteht keine Notwendigkeit mehr, den Mietvertrag mit dem Nachtrag zu verbinden.

Auch hier kann es aber aus Sicherheitsgründen und zur Erhaltung der Vollständigkeit der Unterlagen sehr wohl sinnvoll sein, Nachträge und Zusätze mit der ursprünglichen Vertragsurkunde zu verbinden. Um die Risiken der Nichteinhaltung der Schriftform weiter zu minimieren, sollte in den Mietvertrag zwingend eine ausdrückliche Regelung aufgenommen werden, wonach für die Vertragsparteien die Pflicht zur Einhaltung der Schriftform, insbesondere bei Änderungen, besteht. Hierdurch wird für jede Partei der Anspruch auf Schriftformwahrung begründet. Eine Vertragspartei, die sich derart verpflichtet hat, wird sich regelmäßig nicht auf die Nichteinhaltung der Schriftform be-rufen können.

3. Zusammenfassung

Die Nichteinhaltung des für länger laufende Mietverträge und deren Änderungen geltenden Schriftformerfordernisses kann für die Mietvertragsparteien erhebliche wirtschaftliche Nachteile bedeuten. Auch wenn die Anforderungen an die Schriftform in den vergangenen Jahren durch die aufgelockerte Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes erleichtert worden sind, sollte der Einhaltung der Formalien im Zusammenhang mit dem Kriterium Schriftform und Unterzeichnung durch alle Vertragspartner immer besondere Aufmerksamkeit gewidmet werden.

Rechtsanwältin Susanne Menck aus der Partnerschaft Schlarmann Kilian Niemeyer
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