Aktuelles (04/2005, Ruhr)

Marktresearch und Mieterberatung

Fragen an Stefan Orts, Geschäftsführer der Consulticon GmbH

Würden Sie bitte unseren Lesern kurz Ihr Unternehmen und Ihre Tätigkeitsschwerpunkte darstellen?

Bei der Consulticon haben sich die Schwerpunkte Marktresearch und Mieterberatung gebildet: Im Segment Marktresearch untersuchen wir kontinuierlich die immobilienwirtschaftlichen Schwergewichte der Region, die Städte Essen, Duisburg & Dortmund und veröffentlichen regelmäßig die Entwicklung von Angebot und Nachfrage. Speziell bei Verkaufstransaktionen sind unsere Mikrostandort- und Konkurrenzanalysen bei auswärtigen Investoren aber auch bei Verkäufern von hohem Interesse. Insbesondere an Nebenstandorten, bei denen es keine allgemeinen Markt-
erhebungen gibt, wird kaum ein Kunde größere Volumina ohne entsprechende Analysen kaufen.

Zusätzlich beraten wir Immobiliennutzer hinsichtlich deren Mietflächen. Oftmals glaubt der Kunde, ein Quadratmeter sei tatsächlich ein Quadratmeter. Leider ist dieses nicht so, da die Definition „Mietfläche“ nicht juristisch definiert ist. Ob eine Fläche günstig ist, entscheiden allerdings nicht nur die Kosten je Quadratmeter, sondern vielmehr die Kosten pro Mitarbeiter. Wir unterstützen den Kunden mit der Erstellung von Entscheidungsgrundlagen für die Alternativenauswahl. Hier spielt neben der Flächendefinition auch die Effizienz eine wichtige Rolle.

Aufgrund des sehr mieterfreundlichen Marktumfeldes ist weiterhin das Einsparungspotenzial bei Umzug oder aber bei der Nachverhandlung der bisherigen Konditionen nicht zu verachten.

Welche Merkmale charakterisieren
den Büromarkt im Ruhrgebiet?

Es fällt mir schwer, alle Standorte über einen Kamm zu
scheren. Dennoch gibt es Parallelen in der Region. Alle Standorte sind aufgrund des konjunkturellen Umfeldes mieterfreundlich. Allerdings sind Leerstandsquoten mit über 13 % wie in Frankfurt oder Düsseldorf im Ruhrgebiet unbekannt.

Die Leerstandsrate liegt hier zwischen etwa 3 % (Duisburg) und knapp über 5 % (Essen). In Essen wurden rd. 36.000 m2, in Dortmund rd. 39.000 m2 fertig gestellt. Duisburg hat mit
rd. 56.000 m2 mehr als die Hälfte des Düsseldorfer Fertigstellungsvolumens erreicht. An allen Standorten ist der Eigennutzeranteil bei Neubauten in den vergangenen drei Jahren sehr hoch gewesen. Insgesamt ist das Fertigstellungsvolumen jedoch seit Jahren rückläufig und bietet eine Chance für modernisierten/sanierten Altbestand.

Wie hat sich der Büromarkt 2004
im Vergleich zum Vorjahr entwickelt?

Die Nachfragekurven haben im Ruhrgebiet nur leichte „Dellen“ gehabt. Im Jahr 2003 hatten die untersuchten Ruhrgebietsstädte Essen, Duisburg & Dortmund mehr oder weniger Rekordabsätze, die 2004 selbstverständlich nicht gehalten werden konnten. Dennoch lagen alle Städte wieder über dem Zehn-Jahres-Durchschnitt, wovon viele andere deutsche Metropolen nur träumen konnten. Die Spitzenmieten sanken nur leicht oder waren sogar wie in Duisburg konstant. Der Leerstand erhöhte sich leicht, lag aber noch immer unter dem bundesweiten Durchschnitt.

Welche aktuellen Großanmietungen gab es im Jahr 2004?

In Essen haben die ISC West, die Barmer Ersatzkasse und auch der Zoll jeweils Flächen zwischen 4.000 und 4.500 m2 gemietet, in Dortmund und Duisburg hat die Stadtverwaltung in mehreren Verträgen über 14.000 m2 bzw. 10.000 m2 gemietet. Insgesamt fehlten die Großabschlüsse mit mehr als 20.000 m2, die in 2003 in den drei Städten jeweils stattgefunden haben. Allerdings waren diese Abschlüsse in der vergangenen Dekade ohnehin rar und finden (leider) nicht jährlich statt.

Die Struktur der Größenordnungen, in denen Mietverträge abgeschlossen werden, kann auch als eine Art Konjunkturbarometer angesehen werden. Sehen Sie Anzeichen einer Stabilisierung der Wirtschaft anhand dieser Kennzahlen?

Großabschlüsse sind oft das Fazit unternehmerischer Entscheidung von Konzentration und Zentralisation. Daher ist der Flächenzuwachs in Essen vielleicht eine Flächenreduzierung in Gelsenkirchen und völlig konjunkturunabhängig. Für mich gelten folgende Konjunkturbarometer:

a. Mieten die Konzerne oder vermieten sie?
b. Wie hoch ist die Nettoabsorption, d.h. wurden unter Berücksichtigung der freigezogenen Flächen wirklich zusätzliche Flächen vom Markt genommen oder nicht?

Die Nettoabsorption war übrigens in Dortmund und Essen nur leicht negativ, in Duisburg sogar positiv. Das Ruhrgebiet entwickelt sich damit gegen die deutlich negative bundesweite Tendenz.

Worin sehen Sie die vergleichsweise sehr niedrige
Leerstandsrate von 2,9 % in Duisburg begründet?
Fairerweise muss man sagen, dass nicht alles, was leer ist, auch Leerstand bedeutet. Genau wie der „Quadratmeter Mietfläche“ ist das Wort „Leerstand“ nicht eindeutig definiert.

Wir folgen der Definition der Gesellschaft für Immobilienforschung (gif), die bundesweit überwiegende Verwendung findet: Alles, was innerhalb von drei Monaten bezugsfähig ist, ist leerstandsrelevant.

In Duisburg ist in den vergangenen Jahren, insbesondere im Innenhafen, viel gebaut worden. Alle Objekte hatten jedoch Vorvermietungsquoten von über 70 % bei Projektbeginn und somit bei Fertigstellung wenig leerstandsrelevante Flächen. Diese wurden oftmals zeitnah vermietet. Duisburg ist eine Stadt, die sehr von der Standortzentralisierung profitiert hat. Unternehmen wie z.B. Infineon haben andere Standorte zugunsten Duisburgs aufgegeben.

Unser Duisburger Schwerpunktthema in dieser Ausgabe ist der Innenhafen. Würden Sie uns bitte noch eine aktuelle Beschreibung der Marktentwicklungen in diesem Mikrostandort geben?

Der Innenhafen ist für mich Paradebeispiel für die Umsetzung visionärer Ideen. Verglichen mit dem Düsseldorfer Hafen strahlt der Innenhafen Leben aus. Durch die Mischung neuer und alter Gebäude mit den Nutzungen Büro, Wohnen, Kultur und Gastronomie ist der Hafen auch am Wochenende Anziehungspunkt geworden.

Hier werden seit Jahren Spitzenmieten gezahlt. Trotz der Tatsache, dass dort mehr als 100.000 m2 Bürofläche neu entstanden sind, befinden sich im Innenhafen nur 12% der in Duisburg leerstehenden Flächen.

Bei bundesweitem Investoreninteresse ist die Architektur international geworden (Foster/Grimshaw/Teherani etc.) – und das war in Duisburg nicht immer so.

Abschließend bitte noch Ihre Prognose
und einen Ausblick für 2005 zu dieser Region?

Wir haben die Zahlen des ersten Quartals der drei genannten Städte recherchiert. Auf dieser Basis unterstellen wir überall im Jahr 2005 einen Flächenabsatz, der mindestens beim Zehn-Jahres-Durchschnitt liegt. Die Mietpreise werden sich nur marginal ändern, das Fertigstellungsvolumen wird sich reduzieren. Alles in allem können wir heute noch keine negativen Tendenzen ausmachen.

Das Interview führte Andreas P. Lienig
Kontakt Consulticon: Tel. 0208 / 970 990
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