Rund um die Gewerbeimmobilie (10/2004, Hamburg)

Der Gewerbemietvertrag, Schlarmann Kilian Niemeyer

Rechtliche Besonderheiten und aktuelle Probleme

Die Anmietung von Geschäftsräumen ist häufig Voraussetzung für die Ausübung einer unternehmerischen Tätigkeit. Gleichzeitig stellen Mietzahlungen für ein Unternehmen Kosten dar, die bei vertraglich fixierter Mietdauer oft über Jahre festgeschrieben werden. Auf der anderen Seite bindet sich auch der Vermieter durch einen Mietvertrag mit fester Laufzeit für gewöhnlich über Jahre. Die Mietzahlungen sind für ihn regelmäßig eine bedeutende Einkunftsquelle.

Angesichts der erheblichen Bedeutung des sog. Gewerbemietvertrages sowohl für das anmietende Unternehmen als auch für den Vermieter sind die einzelnen Vertragsbestimmungen vor Abschluss des Vertrages auf beiden Seiten besonders sorgfältig zu prüfen und den jeweiligen Bedürfnissen anzupassen. Auch während der Vertragsdurchführung treffen sowohl den Mieter als auch den Vermieter besondere vertragliche und gesetzliche Pflichten. Im folgenden sollen rechtliche Besonderheiten des Gewerbemietvertrages und einzelne aktuelle Probleme aus der Praxis dargestellt werden.

Dauer des Mietverhältnisses

Ein Gewerbemietvertrag kann für eine unbestimmte Zeit oder für eine bestimmte Zeit abgeschlossen werden. Ein für unbestimmte Zeit abgeschlossener Mietvertrag kann mit der im Vertrag geregelten oder andernfalls mit der gesetzlich vorgesehenen Kündigungsfrist (bis zum dritten Werktag eines Kalendervierteljahres zum Ablauf des nächsten Kalendervierteljahres) ordentlich gekündigt werden. Daneben kann er bei Vorliegen eines sog. wichtigen Grundes außerordentlich beendet werden. Bei Vereinbarung einer festen Laufzeit kann der Mietvertrag nur außerordentlich aus wichtigem Grund gekündigt werden. Die bestimmte Vertragslaufzeit bedeutet daher im allgemeinen eine gewisse Planungssicherheit für die Vertragsparteien.

Schriftform bei bestimmter Vertragslaufzeit

Soll ein Mietvertrag länger als ein Jahr gelten und dann zu einem bestimmten Zeitpunkt enden, muss er zwingend schriftlich abgeschlossen werden. Die Nichteinhaltung der Schriftform führt zwar nicht zur Nichtigkeit des Mietvertrages.

Der Mietvertrag gilt jedoch als für unbestimmte Zeit abgeschlossen und kann unter Einhaltung der gesetzlichen Frist ordentlich gekündigt werden. Dies kann mit wirtschaftlichen Nachteilen verbunden sein, wenn eine bestimmte Vertragslaufzeit gewollt und auch mündlich vereinbart worden ist.

Einhaltung des Schriftformerfordernisses

Die nach den obigen Ausführungen für die Parteien oft elementare Einhaltung der Schriftform des Mietvertrages ist nur gewährleistet, wenn die gesamte Vertragsurkunde unterzeichnet ist. Die Unterschrift der Parteien muss daher grundsätzlich am Ende der Urkunde stehen. Eine Fax-Übermittlung der jeweiligen Unterschriften reicht ebenso wenig aus wie ein gegenseitiger Briefwechsel.

Zur Wahrung der Schriftform ist ferner erforderlich, dass in dem schriftlichen Mietvertrag alle wesentlichen Absprachen enthalten sind und es sich um eine einheitliche Urkunde handelt, d.h. der Vertrag nicht in selbständige Teile aufgespalten ist. Letzteres kann insbesondere durch eine feste, nur durch Gewalt und Substanzverletzung wieder zu lösende körperliche Verbindung der Vertragsblätter, zum Beispiel durch Heften (keine Büroklammern), oder fortlaufende Paginierung oder Nummerierung der einzelnen Bestimmungen erreicht werden. Schwierigkeiten bereiten in diesem Zusammenhang regelmäßig die Anlagen zum Mietvertrag. Die Einheitlichkeit der Urkunde ist bei Anlagen zum Mietvertrag gewahrt, wenn diese unterzeichnet sind und Anlage und Haupturkunde gegenseitig aufeinander verweisen. Auch eine feste körperliche Verbindung der Anlagen mit der Haupturkunde ist ratsam.

Wird der Mietvertrag durch Nachträge geändert (zum Beispiel Mieterwechsel), ergänzt oder verlängert, so müssen die neuen Urkunden unterzeichnet sein und auf den Hauptvertrag verweisen. Ferner sollte auch hier eine feste körperliche Verbindung des Nachtrags mit dem Hauptvertrag vorgenommen werden.

Umsatzsteuerliche Fragen

Die Vermietung von Geschäftsräumen ist grundsätzlich von der Umsatzsteuer befreit. Der Vermieter kann jedoch zur Umsatzsteuer optieren, wenn der Unternehmer, an den er die Geschäftsräume vermietet, zum vollen Vorsteuerabzug berechtigt ist (Ärzte sind zum Beispiel nicht zum Vorsteuerabzug berechtigt.) Liegen die Voraussetzungen für eine Umsatzsteuer-Option vor und wird sie vom Vermieter ausgeübt, so kann der Mieter den in der Miete enthaltenen Umsatzsteueranteil gegenüber dem Finanzamt als Vorsteuer geltend machen. Voraussetzung für den Vorsteuerabzug des Mieters ist eine Rechnung des Vermieters, die den Anforderungen des Umsatzsteuergesetzes genügt. Aufgrund von Änderungen des Umsatzsteuergesetzes und neuerer Tendenzen in der Rechtsprechung ist bei der Rechnungserteilung durch den Vermieter folgendes zu beachten:

Anforderungen an den Mietvertrag

Mietverträge, die nach dem 1.7.2004 abgeschlossen worden sind bzw. werden, müssen nach der Neufassung des Umsatzsteuergesetzes über die bisherigen Rechnungsanforderungen hinaus insbesondere
  • die Steuernummer/Umsatzsteueridentifikationsnummer des Vermieters,
  • den Steuersatz bzw. Hinweis auf etwaige Steuerbefreiung und
  • eine fortlaufende Rechnungsnummer (ausreichend jedoch Wohnungs- bzw. Objektnummer oder Mieternummer)

enthalten. Die gesetzliche Neuregelung gilt bereits ab dem 1.1.2004, es kam jedoch eine Übergangsfrist bis zum 30.6.2004 zur Anwendung. Altverträge müssen an die neuen Rechnungsanforderungen nicht angepasst werden.

Anforderungen an die monatlichen Mietabrechnungen

Hinsichtlich der Mietabrechnungen für die einzelnen Monate wird von der Finanzverwaltung die Auffassung vertreten, dass Zahlungsbelege des Mieters zur Konkretisierung des Zeitraums der jeweiligen Leistung ausreichend sind. Weitere Anforderungen sind danach an die ordnungsgemäße Monatsabrechnung nicht zu stellen. Diese Aussagen sind auch nach der Neufassung des Umsatzsteuergesetzes zur Rechnungserstellung ab 2004 durch die Finanzverwaltung nicht geändert worden. Gegenläufige Tendenzen aus der Rechtsprechung in den Vorjahren wurden nicht aufgegriffen.

Bedeutung des Mietgegenstandes

Der Konkretisierung des Mietgegenstandes kommt unter rechtlichen Aspekten ebenfalls eine besondere Bedeutung zu.

Einhaltung bau- und gewerberechtlicher Bestimmungen

Mieter und Vermieter sollten vor Abschluss des Mietvertrages darauf achten, dass die Räumlichkeiten nach den Bestimmungen des Baurechts für den Geschäftsbetrieb des Mieters genutzt werden dürfen. Wenn eine sog. Verordnung über das Verbot der Zweckentfremdung von Wohnraum der Nutzung als Geschäftsraum entgegensteht, kann unter Umständen eine Genehmigung der zuständigen Baubehörde eingeholt werden. Auch aus dem für die betreffenden Räumlichkeiten geltenden sog. Bauplanungsrecht können sich Nutzungseinschränkungen ergeben. Bei Unklarheiten sollten die Parteien vorab eine Auskunft der zuständigen Baubehörde einholen und gegebenenfalls eine Baugenehmigung beantragen. Bedarf die Tätigkeit des Mieters einer Gewerbeerlaubnis und liegt diese bei Vertragsschluss noch nicht vor, so sollte der Mietvertrag mit einer sog. aufschiebenden Bedingung versehen werden. Der Mietvertrag würde bei Aufnahme einer aufschiebenden Bedingung erst zu dem Zeitpunkt wirksam, zu dem eine Gewerbeerlaubnis für den Mieter vorliegt. Ansonsten besteht für den Mieter die Gefahr, dass er zwar einen wirksamen Mietvertrag geschlossen hat, aber mangels Gewerbeerlaubnis keine Geschäftstätigkeit aufnehmen kann.

Konkurrenzschutz durch den Vermieter

Eine klare vertragliche Absprache, zu welchem gewerblichen Zweck die Räume angemietet werden, kann insbesondere Bedeutung für einen durch den Vermieter zu gewährenden Konkurrenzschutz haben. Der gegenständliche Umfang dieses Konkurrenzschutzes erstreckt sich auf das Hauptsortiment des Geschäftsbetriebes, nicht auf dessen Nebenartikel.

Räumlich ist dieser Konkurrenzschutz grundsätzlich auf konkurrierende Tätigkeiten auf demselben Grundstück des Vermieters beschränkt. Je nach Art des Geschäftsbetriebes sind neben der vertraglichen Bestimmung des gewerblichen Zwecks der Räumlichkeiten detaillierte vertragliche Regelungen zum Konkurrenzschutz sinnvoll.

Betriebskosten

Besondere Bedeutung kommt in der Praxis den Betriebskosten und ihrer Abrechnung zu. Betriebskosten sind die Kosten, die durch das Grundstückseigentum oder durch den bestimmungsgemäßen Gebrauch des Gebäudes laufend entstehen (zum Beispiel Heizung, Wasser, Straßenreinigung, Müllbeseitigung).

Kostentragung

Nach dem gesetzlichen Leitbild hat der Vermieter die Betriebskosten des Mietobjekts zu tragen. Grundsätzlich können jedoch vertraglich alle Betriebskosten auf den Mieter umgelegt werden. Hierbei empfiehlt sich die ausdrückliche und vollständige Aufzählung der durch den Mieter zu tragenden aktuellen und unter Umständen bereits absehbaren künftigen Betriebskosten im Vertrag.

Abrechnung

Die Betriebskostenabrechnung des Vermieters hat zusätzlich zu den umsatzsteuerlichen Anforderungen folgende Voraussetzungen zu erfüllen:
  • Geordnete Aufstellung der Gesamtkosten
  • Angabe und Erläuterung des oder der Umlageschlüssel
  • Berechnung des Mieteranteils
  • Abzug etwaiger Vorauszahlungen des Mieters

Bei der Berechnung der Betriebskosten ist zu beachten, dass Heiz- und Warmwasserkosten nach der Heizkostenverordnung immer anteilig verbrauchsabhängig abzurechnen sind. Eine pauschalierte Abrechnung ist hier im Gegensatz zu anderen Betriebskosten nicht möglich.

Geltendmachung

Bis zu welchem Zeitpunkt der Vermieter die Betriebskosten bei der Vermietung von Geschäftsräumen gegenüber dem Mieter abzurechnen hat, ist gesetzlich nicht geregelt. In Anlehnung an die Bestimmungen zur Wohnraummiete sollte der Vermieter jedoch innerhalb eines Jahres nach Ende der Abrechnungsperiode gegenüber dem Mieter abrechnen Ansonsten droht der Ausschluss von Nachforderungen des Vermieters.

Fazit

Bei dem Abschluss und der Durchführung von Gewerbemietverträgen haben die Vertragsparteien die Bestimmungen des Mietrechts, des Bau- und Gewerberechts und nicht zuletzt des Umsatzsteuerrechts zu beachten. Die ungeprüfte Verwendung von Vertragsformularen, die nicht auf den zu regelnden Einzelfall abgestimmt sind, birgt für beide Vertragsparteien erhebliche wirtschaftliche Risiken.

Rechtsanwalt Carsten Schwerdtfeger, LL.M. aus der Partnerschaft Schlarmann Kilian Niemeyer
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