Der Gewerbemietvertrag (06/2004, Frankfurt/Main)

Jörg Lamers, FPS Fritze Paul Seelig

Der Gewerbemietvertrag

Von Jörg Lamers, FPS Fritze Paul Seelig, Frankfurt am Main

Der Begriff des Gewerbemietvertrags ist gebräuchlich, wenn auch genau genommen nur in begrenztem Umfang zutreffend, da hier nicht nur rein gewerbliche Mietverhältnisse geregelt werden. Wer zum Beispiel als Freiberufler Räume und Flächen anmietet, schließt ebenfalls einen Gewerbemietvertrag. Der Begriff dient vorrangig der Abgrenzung zur Wohnraummiete. Hier steht die private Nutzung im Vordergrund.

Die Abgrenzung ist in verschiedener Hinsicht erforderlich. Mietrechtlich ist das Wohnraummietverhältnis durch zahlreiche, in der Regel vertraglich nicht abdingbare, soziale Schutzvorschriften geprägt, die dem Gewerbemietvertrag fremd sind. Öffentlich rechtlich sind in verschiedenen potenziellen Mietobjekten nur Wohnungsnutzung oder aber nur sonstige Nutzungen ( z.B. Gewerbe) zulässig.

Nachfolgend wird unter dem Begriff des Gewerbemietvertrags der Vertrag verstanden, welcher der Vermietung von Räumen und Flächen zu anderen als Wohnzwecken dient. Entsprechend breit ist das Spektrum von möglichen Interessen der Vertragsparteien, welche vertraglich zu regeln sind. Eine detaillierte, oftmals auf die konkreten Interessen der Parteien zugeschnittene vertragliche Regelung ist schon deshalb erforderlich, weil das Gesetz von einem Verständnis des Mietrechts ausgeht, welches weder den Interessen der Parteien noch den im Markt anerkannten Vereinbarungen gerecht wird.

Zu den Regelungsinhalten im Einzelnen:

Beschreibung des Mietgegenstandes

Die Beschreibung des Mietgegenstandes dient der Vereinbarung der Lage und des Umfangs der Mietflächen. Relativ einfach ist die Beschreibung bei der Vermietung von Bestandsobjekten. Ein höherer Aufwand an vertraglichen Regelungen ist erforderlich, wenn Flächen in einem noch zu errichtenden Gebäude vermietet werden. Hier wird man ohne den Verweis auf Planunterlagen, die dem Mietvertrag beizufügen sind und auf die im Vertrag zu verweisen ist, nicht auskommen. Darüber hinaus muss die Ausführung des Baus möglichst genau beschrieben werden, um im Vollzug des Mietverhältnisses Streit über die geschuldete Ausstattung zu vermeiden. Zu diesem Zweck empfiehlt es sich unbedingt, den Zustand der Mietsache zum Zeitpunkt der Übergabe in einem gemeinschaftlich zu erstellenden Übergabeprotokoll festzulegen.

Definition des Mietzwecks

Die Vereinbarung des Mietzwecks, also der Nutzung, die dem Mieter in dem Mietobjekt gestattet ist, liegt im Interesse beider Parteien. Der Mieter erhält Rechtssicherheit dadurch, dass er im Rahmen der vereinbarten Nutzung seinen gewerblichen Interessen nachgehen kann. Der Vermieter kann dem Mieter außerhalb des vereinbarten Mietzwecks liegende Nutzungen verbieten und dadurch beispielsweise den Konkurrenzschutz, den er gegenüber anderen Mietern im gleichen Objekt gewährleisten muss, einhalten. Weiterhin kann der Vermieter öffentlich rechtliche Nutzungsvorgaben, die ihm als Eigentümer obliegen, durchsetzen.

Mietdauer

Sowohl der Beginn als auch die Beendigung des Mietverhältnisses sind vertraglich zu regeln. Gebräuchlich ist hier vorrangig die Befristung der Mietdauer, die - anders als im Wohnraummietvertrag - bis zu einer Dauer von 30 Jahren unbeschränkt und ohne weiteres zulässig ist. Möglich ist die Vereinbarung einer automatischen (befristeten) Verlängerung des Mietverhältnisses für den Fall, dass es nicht innerhalb zu vereinbarender Fristen gekündigt wird. Oftmals werden dem Mieter eine oder mehrere Optionen eingeräumt, das Mietverhältnis durch einseitige Erklärung gegenüber dem Vermieter zu verlängern. In diesem Zusammenhang ist die Vereinbarung eines Modus zu empfehlen, wie sich die Miete während des Optionszeitraumes berechnet. Wollen sich die Parteien des Mietvertrages durch eine Befristung längere Zeit binden, so ist mit besonderer Sorgfalt darauf zu achten, dass die gesetzliche Schriftform auch bezogen auf sämtliche Vertragsanlagen und Nachträge eingehalten wird. Anderenfalls wird zwar der Vertrag nicht unwirksam, jede Partei hätte jedoch das Recht, sich nach Ablauf des ersten Mietjahres durch ordentliche Kündigung unter Einhaltung der gesetzlichen Fristen vom Vertrag zu lösen.

Der Mietzins

Die Höhe des Mietzinses wird bei der Vermietung gewerblicher Objekte oftmals an die vermietete Fläche gekoppelt, in dem ein bestimmter Mietzins pro m2 Fläche vereinbart wird. Hierbei sollte jedenfalls festgelegt werden, auf welcher Bemessungsgrundlage das zur Errechnung des Gesamtmietzinses erforderliche Aufmaß erfolgen soll. In Verträgen über die Vermietung von Büroraum hat sich die Vereinbarung der Richtlinie zur Berechnung von Mietflächen für gewerblichen Raum (MF-G) der Gesellschaft für immobilienwirtschaftliche Forschung e. V. (gif) weitgehend durchgesetzt. Auch wenn die Vereinbarung der Gesamtmiete nicht unmittelbar an die im Vertrag genannte Mietfläche gekoppelt ist, sollten die Parteien vereinbaren, ob und ab welchem Schwellenwert im Falle einer später zutage tretenden Flächenabweichung eine Anpassung des Mietzinses und der umzulegenden Betriebskosten erfolgen soll. Gerade bei der Vermietung von Einzelhandelsflächen besteht die rechtliche Möglichkeit, die Höhe des Mietzinses ganz oder teilweise an andere Faktoren als das reine Flächenmaß, etwa an den Umsatz zu binden, welchen der Mieter auf der angemieteten Fläche erzielt. In diesen Fällen ist die Vereinbarung einer Betriebspflicht unabdingbar. Weiterhin ist das Spannungsverhältnis zwischen dem Interesse des Vermieters an einer möglichst lückenlosen Kontrolle der durch den Mieter getätigten Umsätze einerseits und dem Interesse des Mieters an der Wahrung seiner Geschäftsgeheimnisse andererseits vertraglich zu lösen.

Besonders in längerfristigen Mietverträgen empfiehlt sich eine Regelung über die Anpassung der Miete während des Mietverhältnisses. Die Vereinbarung echter Indexklauseln, die eine automatische Anpassung des Mietzinses bei Überschreitung bestimmter Indexwerte bewirken, bedarf der Genehmigung des Bundesamtes für Wirtschaft, welche jedoch nach ß 4 der Preisklauselverordnung als erteilt gilt, wenn der Mietvertrag, einschließlich etwa dem Mieter gewährter Optionen, für die Dauer von mindestens zehn Jahren abgeschlossen wird.

Alternativ bietet sich eine Vereinbarung an, nach der eine Partei bei Erreichen eines bestimmten Indexwertes Neuverhandlungen über die Höhe der Miete verlangen kann. Für den Fall einer mangelnden Einigung empfiehlt es sich, eine Schiedsvereinbarung zu treffen, nach der ein neutraler Dritter als Sachverständiger die Höhe der Miete für beide Parteien verbindlich festlegt.

Betriebskosten / Nebenkosten

Die Vereinbarung der (flächen-)anteiligen Übernahme der im Objekt anfallenden Betriebskosten ist üblich und im Markt akzeptiert. Der Verweis auf die seit Januar 2004 gültige Betriebskostenverordnung ist bei der Vermietung gewerblicher Flächen in der Regel nicht ausreichend. Ergänzend zu vereinbaren ist beispielsweise die Umlage von Kosten für gemeinschaftlich genutzte Flächen und Anlagen, für Sicherheitsdienste und die Umlage der Kosten weiterer Aufgaben, die im Interesse aller Mieter liegen, etwa für die Bewerbung eines Einkaufscenters. Auch für die Umlage später entstehender, zum Zeitpunkt des Abschlusses des Mietvertrages noch nicht bekannter, oder konkret nicht anfallender Nebenkosten, ist eine Regelung zu treffen. Die Vereinbarung, wer die Nebenkosten trägt, ist aus der Sicht des Vermieters mit besonderer Sorgfalt zu behandeln, da alle Kosten, deren Übernahme durch den Mieter nicht vereinbart wurde, aufgrund des gesetzlichen Leitbilds des Mietvertrages beim Vermieter verbleiben.

Instandsetzung/ Instandhaltung

Auch die Instandsetzung und Instandhaltung obliegt gesetzlich zunächst alleine dem Vermieter. Jegliche Abweichung hiervon ist nur auf der Grundlage von Vereinbarungen im Mietvertrag möglich. Derartigen Vereinbarungen sind jedoch zumindest in den Fällen Grenzen gesetzt, in denen sich der Vermieter allgemeiner Geschäftsbedingungen bedient. In welchem Umfang dem Mieter neben der Instandhaltung auch die Instandsetzung der Mietsache überbürdet werden darf, hängt unter anderem davon ab, ob die instand zu setzenden Sachen dem alleinigen Zugriff des Mieters unterliegen und ob die aus der Übernahme der Instandsetzungspflicht sich für den Mieter ergebende Gesamtbelastung für den Mieter kalkulierbar ist. Üblich und zulässig ist die Vereinbarung von Höchstbeträgen im Einzelfall und pro Zeiteinheit (Kalenderjahr), bis zu denen der Mieter die Kosten und/oder die Ausführung entsprechender Arbeiten übernimmt. Eine nahezu lückenlose Übernahme der Instandhaltung der Mietsache durch den Mieter im Rahmen so genannter triple-net-Verträge, dürfte nur ausnahmsweise in individuell ausgehandelten Verträgen zulässig sein. Dabei muss sich die Übernahme der weitgehenden Instandhaltungsverpflichtungen durch den Mieter erkennbar im Rahmen der Festlegung des Mietzinsen widerspiegeln.

Grundsätzlich zulässig ist es im Bereich der Gewerbemiete - anders als bei der Vermietung von Wohnraum -, dem Mieter neben der Verpflichtung zur Durchführung laufender Schönheitsreparaturen auch die Durchführung einer Schlussrenovierung aufzuerlegen.

Gewährleistung / Haftung

Einschränkungen der Gewährleistung und der Haftung für entstehende Schäden empfehlen sich schon unter dem Gesichtspunkt, dass die Mietsache während der Mietzeit dem in der Regel ausschließlichen Zugriff des Mieters und seiner Angestellten, Kunden etc. unterliegt. Sinnvoll ist es in diesem Zusammenhang, dem Mieter auch die Einhaltung der Verkehrssicherungspflicht für die Mietflächen sowie ggf. verbundener Flächen vor dem Mietbereich aufzuerlegen.

Veränderungen / Rückgabe der Mietsache

Die Parteien sollten Regelungen darüber treffen, ob und in welchem Umfang Mieter und Vermieter während der Mietzeit die Mietsache verändern dürfen. Für den Vermieter kann sich ein solches Bedürfnis aus sich ändernden baurechtlichen Normen oder aus dem Interesse ergeben, sein Objekt sich ändernden technischen und optischen Standards anzupassen.

Es bedarf daher möglichst eingehender Vereinbarungen darüber, ob der Mieter zu verändernden Eingriffen in den Bestand mit oder ohne vorherige Zustimmung des Vermieters berechtigt ist und unter welchen Voraussetzungen eine solche Zustimmung zu erteilen ist.

Weiterhin sollten Regelungen getroffen werden, welche den Umfang der Rückbauverpflichtung des Mieters bei Beendigung des Mietverhältnisses definieren.

Möglich sind hierbei vertragliche Vereinbarungen, die dem Vermieter ein Wahlrecht auf eine entgeltliche oder unentgeltliche Übernahme von durch den Mieter veranlasste Ein- und Umbauten einräumen.

Sinnvoll ist auch die Vereinbarung eines Wahlrechts des Vermieters, statt einem geschuldeten Rückbau und/oder einer durch den Mieter geschuldeten Schlussrenovierung einen Ausgleich in Geld zu verlangen.

Sonstige Vertragsinhalte

Sinnvoll und notwendig sind vertragliche Regelungen über die Bindung einer Untervermietung an die vorherige Zustimmung des Vermieters und den Umfang des Rechts des Vermieters, eine solche Zustimmung zu verweigern.

Regelmäßig wird es im Interesse des Vermieters liegen, den Mieter zur Gestellung einer Mietsicherheit zu verpflichten, wobei die in Wohnraummietverträgen zwingende Begrenzung der Höhe der Mietsicherheit nicht gilt.

Nicht nur, aber insbesondere bei der Vermietung von Einzelhandelsflächen in größeren Objekten ist der vertragliche Ausschluss der ansonsten dem Vermieter auch ohne besondere Vereinbarung obliegenden Konkurrenzschutzpflicht zwingend.

Hierbei ist jedoch darauf zu achten, dass die uneingeschränkte Vereinbarung von Konkurrenzschutzausschluss, Betriebspflicht und Sortimentsbindung in allgemeinen Geschäftsbedingungen von der Rechtssprechung nicht anerkannt wird.

Fazit

Der Gewerbemietvertrag bietet den Parteien weit größere Gestaltungsmöglichkeiten als der Wohnraummietvertrag.

Die Vielgestaltigkeit der Zwecke, die mit dem Gewerbemietvertrag verfolgt werden können und die einer vertraglichen Regelung bedürfen, macht es jedoch erforderlich, die Gestaltung jedes einzelnen Vertrages an den konkreten Interessen und Bedürfnissen des Einzelfalls zu orientieren.
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