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08.05.2024 Berlin benötigt deutlich mehr moderne und grüne Büroflächen

Dem Berliner Immobilienmarkt droht ein Engpass hochwertiger und nachhaltiger Büroflächen. In einer Marktanalyse kommt JLL zu dem Ergebnis, dass in allen drei betrachteten Szenarien die Nachfrage nach modernen und „grünen“ Büroflächen das verfügbare Angebot übersteigt. Im wahrscheinlichsten Szenario, dem Basisszenario, wird ein zusätzlicher Flächenbedarf in Höhe von 1,2 Millionen m² bis zum Jahr 2030 errechnet, wovon etwa 70 Prozent auf top ausgestattete Büroflächen in zentralen oder gut angebundenen Zweitlagen entfallen. „Weder quantitativ noch qualitativ würde der derzeitige Leerstand ausreichen, um den zukünftigen Flächenbedarf zu decken. Die steigende Nachfrage nach modernen und grünen Flächen in der richtigen Lage muss durch Neubauten und Sanierungen befriedigt werden“, sagt Anja Schuhmann, Niederlassungsleiterin JLL Berlin und Leipzig.

Mit 22,3 Millionen m² ist Berlin der größte Büromarkt in Deutschland vor München (22 Millionen m²) und Hamburg (15,7 Millionen m²). Ende 2023 waren in der Bundeshauptstadt rund 21 Millionen m² Bürofläche belegt, die Leerstandsquote lag bei 5,4 Prozent und damit deutlich niedriger als in einigen anderen nationalen und internationalen Metropolen. Gemessen am Gesamtbestand lag der durchschnittliche Flächenumsatz in den vergangenen fünf Jahren bei 3,8 Prozent – nur in Frankfurt (4,1 Prozent) und Düsseldorf (4,0 Prozent) war der Umschlag noch höher.

Im Vergleich der wichtigsten deutschen Büromärkte weist Berlin zudem eine hohe Branchenvielfalt auf. Während in Frankfurt, München und Stuttgart die Hälfte des Flächenumsatzes durch nur drei Branchen getragen wird, sind es in Berlin fünf Wirtschaftszweige. „Berlin zieht mit seinem breiten Branchenmix und den im internationalen Vergleich günstigen Wohnungsmieten viele junge Menschen, aber auch Arbeitskräfte aus dem Ausland an. Die Stadt ist nach wie vor ein Magnet für innovative Unternehmen und Kreative und verfügt über die höchste Quote an Neugründungen pro Einwohner in Deutschland. Das Wachstums- und Flächennachfragepotenzial ist also groß“, unterstreicht Schuhmann.

Der im Basisszenario angenommene zusätzliche Flächenbedarf bis 2030 fußt auf einem Beschäftigtenwachstum von 1,2 Prozent p.a. sowie einem Anstieg der Return-to-Office-Rate (RTO). Diese beschreibt, wie viele Mitarbeitende im Vergleich zu der Zeit vor der Corona-Pandemie wieder das Büro aufsuchen. Laut einer JLL-Umfrage aus dem Sommer 2023 weist Berlin mit 84 Prozent die höchste RTO-Rate unter den deutschen Metropolen auf. In den kommenden Jahren dürfte die Quote auf 95 Prozent wachsen. Zu berücksichtigen ist hierbei, dass auch vor der Corona-Pandemie die durchschnittliche Anwesenheitsquote im Büro nur bei vier Tagen lag. „Zugleich werden die Unternehmen einen Teil der dann nicht mehr benötigen Flächen reduzieren. Wir rechnen hier mit einer Quote von 2,5 Prozent des Bestands, also rund 570.000 m²“, erläutert Helge Scheunemann, Head of Research JLL Germany. Im Saldo ergibt sich dennoch ein zusätzlicher Flächenbedarf von 1,2 Millionen m².

Bei positiver wirtschaftlicher Entwicklung fehlen im dynamischen Szenario 2,35 Millionen m² Bürofläche

Im dynamischen Szenario fällt das Beschäftigtenwachstum üppiger aus und die RTO-Rate erreicht das Vor-Corona-Niveau. In diesem Szenario würde der belegte Bürobestand auf 24,5 Millionen m² und der zusätzliche Flächenbedarf auf 2,35 Millionen m² anwachsen. Für den Fall, dass sich die wirtschaftlichen und politischen Rahmenbedingungen nicht positiv entwickeln, sondern verschlechtern, kalkuliert JLL im schwachen Szenario mit einem Beschäftigtenplus von lediglich 0,2 Prozent. Die RTO-Rate verharrt bei 84 Prozent, die Unternehmen bauen die Hälfte der nicht mehr benötigen Büroflächen ab. In der Folge sinkt der Flächenbedarf um 1,4 Millionen m² auf 19,6 Millionen m² und der Leerstand verdoppelt sich bis 2030 auf 11,4 Prozent. Allerdings stünden auch in diesem Szenario zu wenige hochwertige und ESG-konforme Büroflächen zur Verfügung. Fertigstellungen und aus dem Markt gehende Flächen aufgrund von Abriss oder Umnutzungen sind in allen drei Szenarien nicht eingerechnet.

Je nach Szenario dürften die Neubauaktivitäten unterschiedlich stark ausfallen und sich im schwachen Szenario auf sehr zentral gelegene Stadtgebiete beschränken. Im Basisszenario werden sich die Projekte bis zum S-Bahn-Ring und in Richtung Südosten ausdehnen und im dynamischen Szenario könnte es auch zu Entwicklungen in peripheren Gebieten kommen.

Allerdings ist die Bauaktivität zuletzt deutlich zurückgegangen. Zahlreiche Projektentwickler sind infolge der gestiegenen Zinsen und Baukosten sowie schleppender Verkäufe in finanzielle Schwierigkeiten geraten und mussten Insolvenz anmelden. „Das verlangsamt nicht nur die Fertigstellung sich in Bau befindlicher Gebäude, sondern vor allem die Entwicklung geplanter Projekte“, betont Scheunemann. Manche Projektplanungen verzögerten sich, manche würden ganz abgesagt. In der Statistik ist die negative Entwicklung bereits deutlich ablesbar: Während 2022 noch 716.000 m² Bürofläche fertiggestellt wurden, waren es 2023 mit 361.000 m² nur noch halb so viele.

Vorteile haben in dieser Marktphase Entwickler mit hohem Eigenkapitalanteil oder der Möglichkeit, frisches Kapital aufzunehmen. „Wer jetzt bauen kann, wird in den Genuss einer Mietprämie kommen, wenn der Markt wieder anzieht und es einen Mangel an qualitativ hochwertigem Angebot geben wird“, sagt Scheunemann.

Bereits in den vergangenen Jahren hat die hohe Nachfrage nach neuen Büroflächen in Berlin zu einem kräftigen Anstieg der Mieten geführt. So hat sich die Spitzenmiete seit dem Jahr 2010 mehr als verdoppelt und liegt derzeit bei 44 Euro/m². Noch stärker ist im gleichen Zeitraum die Durchschnittsmiete gestiegen, die aktuell 28,40 Euro/m² beträgt. „Es gibt bereits heute eine Unterdeckung und die schrumpfende Projektpipeline erhöht zusätzlich den Nachfragedruck. In der Folge werden die Mieten im Topsegment deutlich anziehen und die Mieten im mittleren Segment ein Stück weit mitziehen“, prognostiziert Schuhmann.





















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